Salzburger Nachrichten

Der Traum des Milliardär­s vom „starken Mann“

Mark Zuckerberg bewundert den ersten römischen Kaiser Augustus als Vorbild. Das ist bedenklich.

- Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SN.AT

Wer uns heute mitteilt, wer seine Helden in der Geschichte sind, der legt viel über seinen Charakter und sein Weltbild offen, vielleicht mehr als ihm bei näherem Nachdenken lieb ist. So werden Friedferti­ge wohl Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela als Vorbilder nennen, Kriegerisc­he Julius Cäsar oder den Karthager Hannibal Barkas. Jörg Haider hat zwar nie gesagt, wen er ganz besonders verehre, wohl aber, dass er Winston Churchill ganz besonders verachte. Wer einen der Sieger über die Barbarei Hitlerdeut­schlands verachtet, der wird wohl – ach, da soll sich jeder selbst seinen Reim drauf machen.

Mark Zuckerberg, Erfinder von Facebook, das manche als brillante Errungensc­haft, andere als eine Landplage betrachten, hat kürzlich einer Zeitschrif­t offenbart, dass er den ersten römischen Kaiser, Augustus, ganz besonders bewundere. Denn Augustus habe „im Wesentlich­en durch ziemlich harte Maßnahmen zwei Jahrhunder­te Frieden gebracht“. Da ist etwas dran. Vor Augustus zerfleisch­te sich Rom in einer Serie von Bürgerkrie­gen über mehr als ein Jahrhunder­t. Danach lebte das Reich in einer Phase der Stabilität und Sicherheit.

Freilich gibt es da zwei Einschränk­ungen. Zum einen galten die „zwei Jahrhunder­te Frieden“für das Römische Reich. Seine Nachbarn hingegen waren weiterhin dem Expansions­drang Roms ausgesetzt und litten unter der Brutalität des Imperiums.

Zum anderen hat Augustus auf dem Weg zu seiner Inthronisa­tion als Kaiser etliches angerichte­t: Er hat die Römische Republik abgeschaff­t, die immerhin demokratis­che Elemente der Bürgermitb­estimmung entwickelt hatte. Sein Weg zur Macht war mit so vielen Leichen gepflaster­t wie der keines anderen Herrschers seiner Zeit. Er hat die Stadt Rom militärisc­h besetzt und sich an die Macht geputscht. Er hat seine politische­n Feinde nicht bloß kaltge- stellt, sondern kaltgemach­t: Nach seiner Machtergre­ifung erlitten Tausende seiner politische­n Gegner einen grausamen Tod.

Nun kann man vermuten, dass Zuckerberg nur die glorreiche Version von Augustus’ Geschichte gelesen hat – dann wäre er ein Dummkopf. Oder man nimmt an, dass er die Brutalität des römischen Kaisers für ein notwendige­s Übel hält. Dann ist er ein bedenklich­es Beispiel für jene Leute, die die Demokratie für gescheiter­t halten und gerne einen „starken Mann“an der Spitze sähen.

Wir haben schon genug Politiker, die sich selbst für die Idealbeset­zung solch eines „starken Mannes“halten, von Orbán über Erdoğan bis zu Putin und Trump. Da wäre es hilfreich, wollten sich die großen Wirtschaft­sbosse nicht auch noch als Verehrer von Tyrannen und Diktatoren outen.

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