Der Traum des Milliardärs vom „starken Mann“
Mark Zuckerberg bewundert den ersten römischen Kaiser Augustus als Vorbild. Das ist bedenklich.
Wer uns heute mitteilt, wer seine Helden in der Geschichte sind, der legt viel über seinen Charakter und sein Weltbild offen, vielleicht mehr als ihm bei näherem Nachdenken lieb ist. So werden Friedfertige wohl Mahatma Gandhi oder Nelson Mandela als Vorbilder nennen, Kriegerische Julius Cäsar oder den Karthager Hannibal Barkas. Jörg Haider hat zwar nie gesagt, wen er ganz besonders verehre, wohl aber, dass er Winston Churchill ganz besonders verachte. Wer einen der Sieger über die Barbarei Hitlerdeutschlands verachtet, der wird wohl – ach, da soll sich jeder selbst seinen Reim drauf machen.
Mark Zuckerberg, Erfinder von Facebook, das manche als brillante Errungenschaft, andere als eine Landplage betrachten, hat kürzlich einer Zeitschrift offenbart, dass er den ersten römischen Kaiser, Augustus, ganz besonders bewundere. Denn Augustus habe „im Wesentlichen durch ziemlich harte Maßnahmen zwei Jahrhunderte Frieden gebracht“. Da ist etwas dran. Vor Augustus zerfleischte sich Rom in einer Serie von Bürgerkriegen über mehr als ein Jahrhundert. Danach lebte das Reich in einer Phase der Stabilität und Sicherheit.
Freilich gibt es da zwei Einschränkungen. Zum einen galten die „zwei Jahrhunderte Frieden“für das Römische Reich. Seine Nachbarn hingegen waren weiterhin dem Expansionsdrang Roms ausgesetzt und litten unter der Brutalität des Imperiums.
Zum anderen hat Augustus auf dem Weg zu seiner Inthronisation als Kaiser etliches angerichtet: Er hat die Römische Republik abgeschafft, die immerhin demokratische Elemente der Bürgermitbestimmung entwickelt hatte. Sein Weg zur Macht war mit so vielen Leichen gepflastert wie der keines anderen Herrschers seiner Zeit. Er hat die Stadt Rom militärisch besetzt und sich an die Macht geputscht. Er hat seine politischen Feinde nicht bloß kaltge- stellt, sondern kaltgemacht: Nach seiner Machtergreifung erlitten Tausende seiner politischen Gegner einen grausamen Tod.
Nun kann man vermuten, dass Zuckerberg nur die glorreiche Version von Augustus’ Geschichte gelesen hat – dann wäre er ein Dummkopf. Oder man nimmt an, dass er die Brutalität des römischen Kaisers für ein notwendiges Übel hält. Dann ist er ein bedenkliches Beispiel für jene Leute, die die Demokratie für gescheitert halten und gerne einen „starken Mann“an der Spitze sähen.
Wir haben schon genug Politiker, die sich selbst für die Idealbesetzung solch eines „starken Mannes“halten, von Orbán über Erdoğan bis zu Putin und Trump. Da wäre es hilfreich, wollten sich die großen Wirtschaftsbosse nicht auch noch als Verehrer von Tyrannen und Diktatoren outen.