E-Card öffnet unerwartet Tore
Die hellgrüne Chipkarte kann nicht nur beim Arztbesuch gesteckt werden, sondern auch im Sonnenstudio und sogar im Altstoffsammelzentrum. Wie sicher sensible Daten dabei sind.
KÖNIGSBRUNN, TULLN. Verunsicherung in einer 1340-SeelenGemeinde im Weinviertel: Der Mistplatz von Königsbrunn am Wagram, auf dem Bürger Karton von Plastik und Elektrogeräte von Problemstoffen trennen, übersiedelt in die Nachbargemeinde Absdorf. Dort entsteht ein neues Gelände für den Abfall samt modernem Zutrittssystem. Als Schlüssel wird die E-Card fungieren. „Sind unsere Daten sicher oder kann der Betreiber alles über uns auslesen?“, fragen sich die Bewohner nun und bangen um ihre höchst persönlichen Gesundheitsinformationen.
Datenschützer Hans Zeger von der ARGE Daten in Wien winkt ab: „Auf der E-Card sind keine sensiblen Daten gespeichert. Sie kann als Bürgerkarte für genau solche Zwecke verwendet werden, das ist unproblematisch.“
Dass die rund 8,8 Millionen Chipkarten in Österreich auch anderswo, zum Beispiel als Schlüssel für Sonnenstudios, eingesetzt werden können, sieht er jedoch kritisch und warnt: „Wer die E-Card dafür freischalten lässt, muss sich bewusst sein, dass eine weitere Stelle im Land Aufzeichnungen darüber führt, wer wo wie oft gewesen ist, und das mit anderen Daten verknüpfen kann – wenn politisches Interesse besteht.“
Will heißen: Theoretisch bestünde die Möglichkeit, dass eine Versicherung Informationen darüber erhält, wie oft jemand in einem Solarium zu Gast gewesen ist; erkrankt diese Person dann etwa an Hautkrebs, könnte die Versicherung auf allzu häufige Sonnenstudio-Besuche verweisen und deshalb keine Therapiekosten übernehmen wollen. Zurück ins Weinviertel: Warum Absdorf überhaupt ein Zutrittssystem via E-Card bekommt? „Weil es in nahe gelegenen Gemeinden bereits gute Erfahrungen gibt und weil nahezu jeder in Österreich eine ECard besitzt“, sagt Katharina Hauser, Geschäftsführerin des Gemeindeverbands für Abfallbeseitigung der Region Tulln. Außerdem würden Kosten für die Produktion einer eigenen Karte entfallen, ebenso wie der Aufwand zur Verteilung einer solchen in der Bevölkerung.
Absdorfs Bürgermeister Franz Dam (ÖVP) nennt zwei weitere Argumente: „Die Gemeinden mussten Mitarbeiter stellen, die dauernd vor Ort sind. Bald läuft das außerhalb der Öffnungszeiten vollautomatisch.“Der Ortschef betont, dass eine kontrollierte Zu- und Abfahrt bei dem Altstoffsammelzentrum auch deshalb wichtig sei, um Schäden einem Verursacher zuordnen oder sie gleich vermeiden zu können. Ebenso wie Wertstoff-Diebstahl. Denn: Was auf dem Mistplatz abgegeben wird, ist nicht zur freien Entnahme, sondern Eigentum der Betreiber.
Professionelle Sammlerbrigaden aus Ungarn oder der Slowakei kämpften allerdings vehement um das, was die Niederösterreicher auf ihren Mistplätzen abgeben wollten. „Bevor Nummerntafeln an den Autos kontrolliert wurden und wir nur mehr Leute aus der Umgebung in die Sammelzentren gelassen haben, kamen Busse mit ausländischen Kennzeichen“, so Dam. Die Absdorfer seien von Mistsammlern angepöbelt worden, noch bevor sie ihren Kofferraum aufmachen konnten. Mit voll beladenen Fahrzeugen zogen die Fremden ab. „Was ihnen auf dem Heimweg dann doch nicht als wertvoll erschienen ist, haben sie einfach in der Natur abgeladen“, klagt der Bürgermeister, der sich auf den neuen Mistplatz mit dem ECard-Schlüssel freut.
„Eine weitere Stelle führt Aufzeichnungen, wer wo wie oft gewesen ist.“Hans Zeger, Datenschützer