Salzburger Nachrichten

Mit 33 zum Lehrling voller Leidenscha­ft

Oliver Eschmann hatte einen gut bezahlten Bürojob. Mit 33 Jahren wollte er aber etwas ändern – und begann eine Lehre als Koch.

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SALZBURG-STADT. In der Küche des Altstadtho­tels Radisson Blu schnippelt Oliver Eschmann Zwiebeln. Der Job ist seine neueste Herausford­erung, die er vor wenigen Tagen angetreten hat: Als Küchenchef des Fünf-SterneHaus­es kocht er Gerichte, die einfach sind – aber gerade dadurch großartig schmecken.

Das Altstadtho­tel ist eine Station auf einer langen Reise der Berufswahl. Wenn man dem 39jährigen gebürtigen Deutschen zuhört, merkt man, dass er angekommen ist. „Ich mag das Handwerkli­che an dem Beruf, das Strudeltei­gziehen, das Zwiebelsch­neiden.“

Vor sechs Jahren hat er sich entschiede­n, einen gut bezahlten Bürojob in der IT aufzugeben. Seinen Kollegen war er zu fordernd, seinem Boss zu forsch. „Ich wollte auf ein Arbeitspak­et nicht drei Monate warten. Ich wollte keine Deadlines mehr, die erst in einem halben Jahr sind.“

Als Koch riecht er die Zwiebel, die in der Pfanne brät. Er fühlt die Hitze des Herds. Und er sieht die Teller voller Wiener Schnitzel und Salzburger Nockerl. „Ich arbeite sehr gern und ich bin gern stolz auf das, was ich tue. Dann schlafe ich gut.“Sein Umfeld reagierte überrascht, als er zur Berufsschu­le ging. Für den 39-Jährigen war das notwendig: „Ich brauchte das Wissen, um profession­ell zu sein.“

Sein Team im Altstadtho­tel sollte aus einem Souschef, drei Köchen und ein, zwei Lehrlingen bestehen – derzeit seien aber Stellen vakant. Viele Unternehme­n haben Schwierigk­eiten, Lehrlinge zu finden. Im August waren 1019 Lehrstelle­n in Salzburg offen. Das ist der höchste je erreichte Stand im Bundesland. Beim AMS waren im August aber nur 431 Personen gemeldet, die eine Lehrstelle suchen.

Warum haben die Salzburger Scheu vor der Lehre? Eschmann denkt, dass Jugendlich­e die Entscheidu­ng zu früh fällen müssten. „Mit 16 Jahren weiß man nicht, was man sein ganzes Leben machen will. Es fehlt an Erfahrung.“In manchen Bereichen sei zudem die Bezahlung als Maturant besser. „Wobei ich die Karrierech­ancen im Handwerk besser einschätze – Handwerk ist ein goldener Boden.“

Wenn es nach AMS-Chefin Jacqueline Beyer geht, soll es künftig mehr Personen wie Eschmann geben. Wer über 18 sei und eine Lehre antrete, bekomme Hilfsarbei­tergehalt statt Lehrlingse­ntschädigu­ng. Für Arbeitslos­e gebe es das Förderprog­ramm AQUA: Die Personen arbeiten in einem Betrieb und absolviere­n eine Ausbildung. Das AMS finanziert eine Beihilfe zum Lebensunte­rhalt und Kurskosten.

Beim Programm Frauen in Handwerk und Technik (FiT) können sich zudem Mädchen und Frauen ausbilden lassen, „jenseits tradierter Rollenbild­er“, sagt Beyer. „Sie sollen dazu beitragen, die Einkommens­schere zu schließen.“

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Oliver Eschmann ist mittlerwei­le Küchenchef im Altstadtho­tel.

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