Junge Österreicherin fuhr zum Spaß mit und gewann WM-Gold
Die 18-jährige Tiroler Mountainbikerin Laura Stigger fuhr bei der Rad-WM nur mit, weil ein Platz bei den Juniorinnen frei war – und holte sensationell den WM-Titel.
Die Rad-Weltmeisterschaft in Tirol hat ihre erste Sensation. Die 18-jährige Ötztalerin Laura Stigger gewann am Donnerstag die Goldmedaille im Straßenrennen der Juniorinnen. Dabei fuhr sie nur zum Spaß mit. Stigger ist erfolgreiche Mountainbikerin.
Eine Medaille, egal wo und in welcher Disziplin – das war das Ziel der heimischen Radsportler vor dieser Heim-WM in Tirol. Am ehesten hätte man es den Herren beim Teamzeitfahren am vorigen Sonntag zugetraut, wo jedoch am Ende des Tages die Enttäuschung ziemlich groß war. Und auf gar keinen Fall hätte man es einer Mountainbikerin zugetraut. Doch die 18-jährige Ötztalerin Laura Stigger schrieb und erlebte an diesem Tag eine Geschichte, über die sie noch am Nachmittag selbst nur den Kopf schütteln konnte. „Wahnsinn, wie verrückt ist das denn“, fragte sich die 18-jährige Junioren-Weltmeisterin immer und immer wieder, als sie vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck zum offiziellen Fototermin des Weltverbands antreten musste, oder besser gesagt: durfte.
Was sie sich denn einen Tag vor ihrem historischen Gold (es war die erste Goldmedaille für eine Österreicherin im Straßen-Radsport überhaupt) von dem Rennen erwartet hat? „Überhaupt nichts, ich wollte einfach nur mitfahren, Spaß haben und die Stimmung mit den vielen Fans genießen.“Mangels Rennrad musste sie sich erst bei ihrem Ausrüster ein Straßenrad ausborgen, aber das war an diesem Tag das geringste Problem.
Doch dann kam der überraschende Teil für sie: „Ich wollte so lange an der Spitze mitfahren, solange es geht“, erzählte sie danach. Aber sie konnte das Tempo der Spitzengruppe problemlos mitgehen. Und so reifte ein ganz wagemutiger Gedanke in ihr: An der steilsten Stelle des Rennens vor Igls wollte sie mit ei- nem Antritt die Spitzengruppe sprengen und wegkommen. „Ich kannte die Strecke natürlich und dachte mir: Wenn ich wo wegkomme, dann dort.“
Der Plan ist perfekt aufgegangen, dem starken Antritt der späteren Weltmeisterin konnten nur zwei Fahrerinnen folgen. „Dass wir zu dritt weggekommen sind, war gut, denn allein wäre ich vielleicht nicht durchgekommen.“Bis zur Ziellinie vor der Hofburg in Innsbruck war die Spitzengruppe auf vier Fahrerinnen angewachsen und dann war es vorbei mit jeder Renntaktik. „Die Beine haben zwar schon brutal gebrannt, aber ich habe mir gesagt: einfach reintreten und nicht mehr aufhören.“
Kurios: Am Podest erkundigte sich die Kanadierin Simone Boilard, wer denn Laura Stigger sei und was sie bisher gemacht habe.
Dabei ist die BORG-Schülerin ein Ausnahmetalent in Sachen Rad. Auf den Tag genau vor drei Wochen holte sie sich bei der MountainbikeWM im Lenzerheide (Sz) Gold im Bewerb der Juniorinnen, mit satten drei Minuten Vorsprung. Damit schaffte sie mit erst 18 Jahren bereits die Titelverteidigung, daneben ist sie auch vierfache Mountainbike-Europameisterin der Juniorinnen. Wechselt sie nun auf die Straße oder bleibt sie beim Mountainbike? „Das muss ich mir erst überlegen.“Nächste Woche hat sie das Problem nicht: Da fliegt sie zu den Youth Olympic Games nach Buenos Aires und da ist der Radbewerb ohnedies ein Mix-Bewerb aus Straßenrennen und Mountainbike.
So sensationell Stiggers Gold ist, so normal sind in den letzten Jahren Erfolge von ehemaligen Mountainbikern im Radsport geworden. Der Australier Cadel Evans etwa begann seine Karriere als Mountainbiker, wo er bei Olympia im Jahr 2000 Rang sieben belegt hat, ehe er Weltmeister auf der Straße geworden ist. Auch der aktuelle Weltmeister Peter Sagan aus der Slowakei begann seine Karriere im Gelände.
Bei den Junioren jubelte der Belgier Remco Evenepoel nach seinem Sieg im Einzelzeitfahren auch über Straßen-Gold. Der Österreicher Jakob Reiter landete an der 57. Stelle. Martin Messner gab auf.