Salzburger Nachrichten

China warnt seine Bürger vor Reisen nach Schweden

Die Führung in Peking findet einen satirische­n Infofilm für chinesisch­e Touristen gar nicht lustig.

- Aus dem satirische­n Infofilm

Schweden ist derzeit bei chinesisch­en Touristen extrem angesagt, die Kassen klingeln. Seit Wochen aber kocht ein abstruser Konflikt zwischen dem Reich der Mitte und Schweden. Der hat sogar dazu geführt, dass China seine Bürger vor Reisen in den nordischen „Unrechtsta­at“warnt.

Vor einigen Wochen kam die chinesisch­e Familie Zeng gegen Mitternach­t in ihrem ausgebucht­en Stockholme­r Hotel an. Ihr Zimmer hatten sie erst für den kommenden Vormittag gebucht. Die Zengs wollten daraufhin in der Lobby übernachte­n. Nachdem die Empfangsda­me die Familie erfolglos darum bat, erst am nächsten Tag wiederzuko­mmen, rief sie die Polizei. Der erwachsene Sohn und dessen nicht ganz junge Eltern wurden aufsässig, schrien und weigerten sich zu gehen. Die zwei hinzugekom­menen Politessen mussten sie teils raustragen. Auf dem Gehsteig legten sich alle drei hin, schrien und weinten. Alles vor der laufenden Handykamer­a eines berührten Passanten.

Die Politessen trugen die drei in den Streifenwa­gen und setzten sie an der sieben Kilometer entfernten U-Bahn-Station des Waldfriedh­ofs ab. Das sei Praxis bei Störenfrie­den, die Beamtinnen hätten gesetzmäßi­g gehandelt, sagte Oberstaats­anwalt Mats Ericsson. Auch wenn er verstehe, dass so etwas für Touristen „besonders dramatisch“sei.

Der Handyfilm, auf dem die Chinesen weinend auf dem Gehsteig neben ihrem Gepäck liegen und der Sohn in gebrochene­m Englisch „das ist Tötung, das ist Tötung“schreit, verbreitet­e sich jedoch schnell in China und weltweit.

Die großen chinesisch­en Zeitungen berichtete­n, es wurde zum Boykott schwedisch­er Waren aufgerufen und Peking forderte eine Entschuldi­gung aus Stockholm. Chinesisch­e Staatsbürg­er seien von der Polizei „misshandel­t“worden. Man habe sie in „Lebensgefa­hr“gebracht und deren „grundlegen­de Menschenre­chte“ verletzt. In chinesisch­en Medien berichten die Zengs, dass sie am unheimlich­en Friedhof wilde Tiere gehört hätten.

Schwedens Außenminis­terin Margot Wallström äußerte sich nicht direkt. Man sei „in ständigem diplomatis­chen Kontakt“mit China, das Ganze sei „keine große Sache“und bereits „aus der Welt“, sagte sie.

Doch dann goss das öffentlich­rechtliche schwedisch­e Fernsehen SVT mit einem satirische­n „Infofilm für chinesisch­e Touristen“Öl ins Feuer. „In Schweden kacken wir nicht vor historisch­e Gebäude“, wird darin aufgeklärt. Ein Verbotssch­ild mit einem sein Geschäft verrichten­den stereotype­n Chinesen wird gezeigt. „Wenn du eine Person mit einem Hund spazieren gehen siehst, ist das nicht so, weil sie gerade ihr Mittagesse­n gekauft hat“, heißt es weiter. Die Satiriker hatten den Beitrag mit Untertitel­n in Mandarin auch auf die chinesisch­e Video-Seite Youku hochgelade­n, „um chinesisch­e Reaktionen zu sammeln“, erklärte SVT-Unterhaltu­ngschef Thomas Hall. Peking kocht vor Wut. Hall rechtferti­gte sich zunächst, Chinesen würden schwedisch­en Humor nicht verstehen. Der Beitrag sei in seiner Übertreibu­ng „antirassis­tisch“gemeint. Doch während die Schweden über den Vorfall mit der Touristenf­amilie noch lächelten, halten viele die Satire für grenzwerti­g. Hall ruderte daraufhin zurück: „Ich möchte mich aufrichtig bei einzelnen Individuen entschuldi­gen, die sich von unserem Beitrag gekränkt fühlen.“

„In Schweden kacken wir nicht vor historisch­e Gebäude.“

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