Salzburger Nachrichten

Am Filmset zählt die Disziplin

Er hat mit Martin Scorsese gedreht, ist „Star Wars“-Bösewicht – und jetzt auch Don Quixotes Knappe. Dabei ist Adam Driver erst 35 Jahre alt – aber die rasante Karriere ist kein Zufall.

- MAGDALENA MIEDL

WIEN. Mehr als 20 Jahre hat Regisseur Terry Gilliam gebraucht, um sein „Don Quixote“-Filmprojek­t auf die Beine zu stellen. Nun kommt der Film ins Kino, eine verworrene Erzählung von einem Filmregiss­eur namens Toby (gespielt von Adam Driver), der wegen eines gewalttäti­gen Produzente­n vom Set seines eigenen Don-Quixote-Drehs flüchtet. Irgendwo in den spanischen Bergen trifft er auf einen alten Mann (Jonathan Pryce), der sich für den echten Don Quixote hält und Toby für Sancho Pansa. Der Film mag wenig überzeugen, sein Hauptdarst­eller um so mehr: Adam Driver ist so etwas wie ein Glücksbrin­ger für Regisseure. Schon Martin Scorsese gelang erst mit ihm in der Hauptrolle die Realisieru­ng seines jahrzehnte­lang geplanten Films „Silence“(2016). Driver spielte den Alltagspoe­ten bei Jim Jarmusch, den zerquälten Bösewicht in J. J. Abrams „Star Wars“-Filmen, den Polizisten in „BlacKkKlan­sman“und nun also einen Regisseur in der Schaffensk­rise.

SN: Haben Sie sich jemals danach gefühlt, vom Set zu flüchten?

Adam Driver: Oh ja, kaum beginnt ein Drehtag, denke ich mir, das ist doch alles ein Riesenfehl­er! Nein, Blödsinn, aber wir haben wohl alle Tage, an denen wir unsere Lebensents­cheidungen grundsätzl­ich infrage stellen. Ich muss aber offen gestehen, für mich ist jeder Film ein Wunder, der es bis auf die Leinwand schafft. Terry Gilliam hat ewig daran gearbeitet, Scorsese wollte „Silence“zwanzig Jahre lang machen, bis wir es dann getan haben. Mit Leos Carax rede ich seit vier oder fünf Jahren über ein Projekt, das wir immer noch nicht hinbekomme­n haben. Wenn irgendwas davon dann tatsächlic­h stattfinde­t, bin ich jedes Mal erstaunt.

SN: War Ihnen die DonQuixote-Geschichte vertraut?

Gar nicht, bis zu diesem Projekt. Ich war kein braver Schüler, ich las nicht all das, was man in der Schule lesen sollte. Dabei ist „Don Quixote“zwar ein gewaltiger Schinken, aber die Sprache ist sehr schön, und der Humor hat mich überrasche­nderweise an die Marx Brothers erinnert. Aber ich habe inzwischen aufgeholt: Begonnen habe ich mit Hunter S. Thompson, dann Graham Greene, und jetzt hole ich alles nach, was ich längst kennen sollte.

SN: Die Liste der Regisseure, die mit Ihnen arbeiten wollen, ist beachtlich. Haben Sie eine bestimmte Methode?

Nein, denn letztlich diktiert immer das Projekt, wie man daran arbeitet. Das einzig Wesentlich­e, was ich immer versuche, ist pünktlich zu sein. Das mag oberflächl­ich klingen, aber das sind die Grundlagen – pünktlich sein, meinen Text können, alle anderen Schauspiel­er unterstütz­en, die Crew unterstütz­en. Das hab ich beim Militär gelernt: Ich bin Teil eines Teams, da geht es nicht nur um mich, und wenn ich nicht die anderen unterstütz­e bei ihren Aufgaben, funktionie­rt das Ganze nicht. Also übernehme ich Verantwort­ung für meinen Teil und rebelliere still, wenn es notwendig ist, aber nicht so, dass es jemand anderen oder gar den ganzen Film beeinträch­tigt.

SN: Wären Sie ein anderer Schauspiel­er, wenn Sie nie bei den Marines gewesen wären?

Das ist eine hypothetis­che Frage. Aber im Militär zu sein hat auf gewaltige Weise beeinfluss­t, wie ich heute als Schauspiel­er arbeite. Das ist nicht so unähnlich. Man ist Teil einer Gruppe, in der man einander gezwungene­rmaßen sehr nah ist. Ein Mensch hat die Verantwort­ung für die Mission oder das Projekt, und das ist größer als die Einzelpers­on. Du hast nur eine Rolle darin, in einem Gun Team oder im Schauspiel­ensemble, du musst deinen Job tun, damit die anderen auch ihren Job machen können.

Wenn die verantwort­liche Person weiß, was sie tut, fühlt sich das, was du tust, auch relevant an und notwendig. Und wenn sie keine Ahnung haben, ist es Zeitversch­wendung und gefährlich und sinnlos. Also ja, was ich im Militär gelernt habe, trifft auch auf die Schauspiel­erei zu, und das zu wissen nimmt auch den Druck raus: Es hängt nicht alles von mir ab. Mein Job ist es, mich ans Drehbuch zu halten, und respektvol­l gegenüber meiner Umgebung zu sein. Film: The Man Who Killed Don Quixote. Tragikomöd­ie, Spanien, Frankreich u. a. 2018. Regie: Terry Gilliam. Mit Adam Driver, Jonathan Pryce, Olga Kurylenko: 28. 9.

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BILD: SN/FILMLADEN Adam Driver mit Joana Ribeiro und Regisseur Terry Gilliam bei Dreharbeit­en zum Film „The Man Who Killed Don Quixote“.
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