Gute Architektur wirkt aufs Leben in der Stadt
Das Land Salzburg verleiht sowohl Architektur- als auch Förderpreis an Projekte, die mitten in der Stadt verankert sind.
Auf den ersten Blick wirkt die Industriehalle im Salzburger Stadtteil Schallmoos unscheinbar. Was sie beheimatet, ist preiswürdig: Die Boulderbar erhält den diesjährigen Architekturpreis des Landes Salzburg.
Das Büro „hobby a“hat eine der angesagten Kletterwände in eine leer stehende Industriehalle eingebaut und mit dem Konzept einer offenen Gastronomie verbunden. „Es geht um Interaktion“, sagt Architekt Wolfgang Maul. Die Jury überzeugte dabei, dass die Boulderbar zum kommunikativen Treffpunkt avancierte und nun einen Stadtentwicklungsprozess im Kleinen in Gang setzt. Plötzlich siedeln sich im grauen Gewerbegebiet Start-up-Unternehmen an. Und die Betreiber der Boulderbar wollen eine benachbarte Halle umbauen, um ihr Konzept zu erweitern.
„Eine leblose Halle an der Nähe zur Peripherie wird plötzlich zur Bühne“, führt die Juryvorsitzende Laura P. Spinadel aus. „Es geht ums Beobachten und ums Beobachtetwerden.“Menschen, Synergien, Vernetzungen: Die Architektin sieht im Konzept der Boulderbar viele Parameter für zeitgemäße Architektur erfüllt.
„Wenn man da hineingeht, dann spürt man, was Architektur ist“, sagt Roman Höllbacher von der Initiative Architektur, die die Preisvergabe organisiert. Und die InitiativePräsidentin Gudrun Fleischmann erkennt die Qualität der Boulderbar auch darin, wie Architektur von der jungen Generation wahrgenommen und kommuniziert wird: als selbstverständlicher „place to be“.
Das Land Salzburg hat den biennal vergebenen Architekturpreis bereits 2016 aufgewertet und mit 10.000 Euro dotiert. Damit stehe die Auszeichnung in einer Reihe mit anderen hochkarätigen Architekturpreisen, sagt Landesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). 35 Einreichungen gab es heuer, die Jury bewertete die Qualität als hoch. „Architektur bezieht sich im Idealfall nicht nur auf ein exponiertes Projekt, sondern auch auf den soziologischen Kontext“, betont Schellhorn.
Auch das mit 5000 Euro dotierte Förderstipendium erhält ein Projekt, das die Lebensqualität in der Stadt unmittelbar betrifft. Die Architekturstudenten Horst Lechner und Lukas Ployer haben in ihrer Diplomarbeit „Flussraum Salzach“die Vision einer Änderung des Flussprofils formuliert, um Platz für eine neue Lebensader zu schaffen. „Wir wollten mit unserer Arbeit etwas auslösen“, sagt Horst Lechner.
Der Mut zu visionärem Denken begeistert die Juryvorsitzende: „Beide Preisträger haben eine andere Berufsauffassung als viele ihrer Kollegen. Wir Architekten sind nicht nur Formengeber, uns interessiert auch die Gesellschaft.“Im Falle der beiden jungen Visionäre ist auch die Gesellschaft interessiert. Die Arbeit fand ein breites mediales Echo. Ein geplanter YouTube-Channel konnte noch nicht realisiert werden, weil der Andrang nicht abreißt.
Die Initiative Architektur zeigt die Siegerprojekte und weitere nominierte Einreichungen in ihrer neuen Heimstätte, dem Architekturhaus in der Riedenburg. Mehr als nur einen Blick wert ist etwa das „Raumwunder“, als das sich ein geometrisch kühn geschnittenes Bauernhaus auf der Postalm in Abtenau entpuppt. Oder die Bergkapelle Kendlbruck im Lungauer Ramingstein: Hier entstand Architektur in Selbstbauweise, gleichsam aus dem Prozess der Produktion heraus. Ausstellung: Architekturpreis des Landes Salzburg 2018, bis 17. 11. Architekturhaus, Sinnhubstraße 3.