Ein Blick zurück lässt die Erinnerung näher rücken
Wie verändern sich Orte, wenn historische Häuser verschwinden? Fünf Künstler haben im Land Salzburg nachgeforscht.
Das Taxbauernhaus in Bischofshofen hat eine lange, wechselvolle Geschichte. 1535 wurde es erbaut, mit den Jahrhunderten kamen und gingen nicht nur die Besitzer. Auch das historische Gehöft wurde verändert und um Neues erweitert. Seit mehr als hundert Jahren hält hier aber eine Tradition: Damals übernahm Ferdinand Berger den Hof. Seither trugen alle Hausbesitzer seinen Namen. Derzeit wohnen Ferdinand Berger III und Ferdinand Berger V auf dem Hof. Wenn sie vom Balkon schauen, sehen sie freilich das ursprüngliche Ur-Taxbauernhaus nicht mehr. 1973 wurde der Holzbau abgetragen, seit 2004 steht es im Salzburger Freilichtmuseum. Jetzt aber rücken die Gebäude durch ein Kunstprojekt wieder näher zusammen.
Was hat sich an den Orten getan, an denen die Häuser des Freilichtmuseums früher standen? Gibt es noch Menschen, die Erinnerungen teilen können? Mit diesen Fragen schickten Dietgard Grimmer, die Leiterin der Galerie Kunst im Traklhaus, und Michael Weese, der Direktor des Freilichtmuseums, fünf Künstler auf Reisen in alle Salzburger Gaue. Zu fünf Häusern entstanden so fotografische Projekte. „Der künstlerische Blick war uns wichtig“, sagt Weese, „es sollten mehr als Dokumentationen werden.“„Alle Künstler haben ihre ganz eigenen Zugänge gesucht und gefunden“, sagt Grimmer.
Andrew Phelps fotografierte im Taxbauernhaus etwa Alltags-Stillleben: Blumen im „Blitzbeton“Kübel oder ein Trampolin, das an der Wand lehnt, als ob es schon auf Ferdinand Berger VI wartete. „Fotografien sind wie Zeitkapseln“, sagt Phelps. Auch Unscheinbares bekomme mit der Zeit eine wertvolle Aura, „einfach deshalb, weil es dokumentiert ist.“
Elisabeth Wörndl hat unter anderem einen Erinnerungstransfer mit dem iPhone unternommen. Sie wählte das Wörndl-Auszughaus in Thalgau. Seit 1997 ist es im Freilichtmuseum. Sein früherer Standort ist heute eine Bushaltestelle. Genau an die Stelle hielt Wörndl ihr Smartphone, mit einem Foto des Hauses auf dem Display. Den Anblick wiederum fotografierte sie zu jeder Jahreszeit, versetzte somit das Haus virtuell an seinen Ursprungsort.
Rudolf Strobl wiederum begab sich auf die Spuren der Mühlen im Zederhaustal. In Saalfelden forschte Reinhart Mlineritsch über den Krallerhof. Und Gertrud Fischbacher recherchierte am einstigen Standort des Kellbauer-Troadkastens in Kuchl.
Die Arbeiten sind nicht nur im Traklhaus zu sehen: Im Freilichtmuseum machen orange gerahmte Bilder auf das Projekt aufmerksam. Die grelle Farbe dürfe ruhig irritieren, sagt Direktor Weese: „Oft werden unsere Häuser ja eher wie Kalenderbilder betrachtet, das ist auch in Ordnung. Wir wollen aber auch andere Blicke zeigen.“