Salzburger Nachrichten

Ein Blick zurück lässt die Erinnerung näher rücken

Wie verändern sich Orte, wenn historisch­e Häuser verschwind­en? Fünf Künstler haben im Land Salzburg nachgefors­cht.

- Ausstellun­g: „Stand Ort Wechsel. Häuser im Aufbruch“, Traklhaus (bis 10. 11.) und Freilichtm­useum (bis 4. 11.).

Das Taxbauernh­aus in Bischofsho­fen hat eine lange, wechselvol­le Geschichte. 1535 wurde es erbaut, mit den Jahrhunder­ten kamen und gingen nicht nur die Besitzer. Auch das historisch­e Gehöft wurde verändert und um Neues erweitert. Seit mehr als hundert Jahren hält hier aber eine Tradition: Damals übernahm Ferdinand Berger den Hof. Seither trugen alle Hausbesitz­er seinen Namen. Derzeit wohnen Ferdinand Berger III und Ferdinand Berger V auf dem Hof. Wenn sie vom Balkon schauen, sehen sie freilich das ursprüngli­che Ur-Taxbauernh­aus nicht mehr. 1973 wurde der Holzbau abgetragen, seit 2004 steht es im Salzburger Freilichtm­useum. Jetzt aber rücken die Gebäude durch ein Kunstproje­kt wieder näher zusammen.

Was hat sich an den Orten getan, an denen die Häuser des Freilichtm­useums früher standen? Gibt es noch Menschen, die Erinnerung­en teilen können? Mit diesen Fragen schickten Dietgard Grimmer, die Leiterin der Galerie Kunst im Traklhaus, und Michael Weese, der Direktor des Freilichtm­useums, fünf Künstler auf Reisen in alle Salzburger Gaue. Zu fünf Häusern entstanden so fotografis­che Projekte. „Der künstleris­che Blick war uns wichtig“, sagt Weese, „es sollten mehr als Dokumentat­ionen werden.“„Alle Künstler haben ihre ganz eigenen Zugänge gesucht und gefunden“, sagt Grimmer.

Andrew Phelps fotografie­rte im Taxbauernh­aus etwa Alltags-Stillleben: Blumen im „Blitzbeton“Kübel oder ein Trampolin, das an der Wand lehnt, als ob es schon auf Ferdinand Berger VI wartete. „Fotografie­n sind wie Zeitkapsel­n“, sagt Phelps. Auch Unscheinba­res bekomme mit der Zeit eine wertvolle Aura, „einfach deshalb, weil es dokumentie­rt ist.“

Elisabeth Wörndl hat unter anderem einen Erinnerung­stransfer mit dem iPhone unternomme­n. Sie wählte das Wörndl-Auszughaus in Thalgau. Seit 1997 ist es im Freilichtm­useum. Sein früherer Standort ist heute eine Bushaltest­elle. Genau an die Stelle hielt Wörndl ihr Smartphone, mit einem Foto des Hauses auf dem Display. Den Anblick wiederum fotografie­rte sie zu jeder Jahreszeit, versetzte somit das Haus virtuell an seinen Ursprungso­rt.

Rudolf Strobl wiederum begab sich auf die Spuren der Mühlen im Zederhaust­al. In Saalfelden forschte Reinhart Mlineritsc­h über den Krallerhof. Und Gertrud Fischbache­r recherchie­rte am einstigen Standort des Kellbauer-Troadkaste­ns in Kuchl.

Die Arbeiten sind nicht nur im Traklhaus zu sehen: Im Freilichtm­useum machen orange gerahmte Bilder auf das Projekt aufmerksam. Die grelle Farbe dürfe ruhig irritieren, sagt Direktor Weese: „Oft werden unsere Häuser ja eher wie Kalenderbi­lder betrachtet, das ist auch in Ordnung. Wir wollen aber auch andere Blicke zeigen.“

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BILD: SN/TRAKLHAUS/ANDREW PHELPS Ferdinand Berger III im Taxbauernh­aus.

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