VW lenkt bei Nachrüstung ein
Angesichts des Drucks aus der Politik geht Volkswagen in die Offensive. VW-Chef Herbert Diess sagt eine finanzielle Beteiligung bei der Hardware-Nachrüstung für Dieselfahrzeuge zu.
Mitten hinein in die Gespräche zwischen der Regierung und der deutschen Autoindustrie zeichnete sich am Donnerstag eine überraschende Wende ab. Hatten die Autohersteller bisher eine Nachrüstung an alten Dieselmotoren kategorisch abgelehnt, dürfte der Volkswagen-Konzern nun einlenken. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“online berichtet, hat VW-Vorstandschef Herbert Diess in einer Videokonferenz mit dem deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer zugesagt, sich an Nachrüstungen älterer Dieselautos finanziell zu beteiligen. Darüber hinaus wolle VW ein großes Umtauschprogramm für Autos der Schadstoffklassen Euro 4 und 5 auflegen. Man werde „maßgeschneidert für jeden Kunden das richtige Angebot zum Umstieg vorlegen“, hieß es aus dem VW-Konzern.
Beim Einbau von Stickoxid-Katalysatoren soll Diess dem Bericht zufolge mit Blick auf seine Aktionäre darauf bestehen, nur 80 Prozent der Kosten der Hardware-Nachrüstung zu übernehmen. Die Kosten dafür liegen pro Fahrzeug bei rund 3000 Euro. Das steht im Gegensatz zu den Forderungen der deutschen Politik, die sich klar dagegen ausgesprochen hatte, die Fahrzeugbesitzer zur Kasse zu bitten. Finanzminister Olaf Scholz hatte zudem ausgeschlossen, dass es für die Nachrüstung Geld vom Staat geben könnte. In jedem Fall kommen auf die deutschen Automobilhersteller Kosten in Milliardenhöhe zu.
Der Vorschlag von Diess ziele insbesondere auf das Modell VW Passat ab, das über genügend Platz im Motorraum für den nachträglichen Einbau eines Katalysators verfüge, heißt es im Bericht des „Spiegel“. Keine Bereitschaft zeigt der VWChef hingegen dafür, den Kunden neben dem nachträglichen Umbau auch eine Option zum Rückkauf des alten Modells einzuräumen.
Angebote zum Rückkauf – neben höheren Prämien für Autobesitzer, die ihr altes Dieselfahrzeug gegen ein neues Modell tauschen – stehen aber weiter auf der Liste der Forderungen der Politik. Seitens der Autoindustrie gibt es starke Bedenken gegen einen Rückkauf älterer Dieselautos. Unter anderem befürchten deutsche Hersteller, dass Kunden dann auf ausländische Fabrikate umsteigen könnten. Scheuer hatte vorgeschlagen, das Rückkaufprogramm auf zehn sogenannte Intensivstädte und deren Großraum wie etwa München, Stuttgart, Düsseldorf oder Frankfurt (dort soll es laut einem Gerichtsentscheid ab Februar 2019 ein Fahrverbot geben) zu beschränken. Sämtliche Maßnahmen laufen darauf hinaus, weitere Diesel-Fahrverbote zu verhindern. Scheuer verhandelt auch mit BMW und Daimler über Nachrüstungen.
Die Bundesregierung hatte sich lang auch gegen Hardware-Nachrüstungen ausgesprochen. Angesichts der wachsenden Kritik, dass sie sich damit auf die Seite der Autokonzerne schlage, gab es zuletzt aber einen Meinungsschwenk. Am Freitag trifft die Regierung zu Beratungen in der Sache zusammen.
Umweltverbände fordern seit Langem eine Nachrüstung der Motoren, diese seien wirksamer als die bereits an Hunderttausenden Autos vorgenommenen Software-Updates, auch besser als Umtauschprämien. Die Deutsche Umwelthilfe bezeichnet das Konzept des Verkehrsministers als „völlig ungeeignet“. Sie fordert, dass die Hersteller zu einer wirksamen HardwareNachrüstung aller „Betrugs-Diesel“der Euro-Norm 5 und 6 auf deren Kosten verpflichtet werden.