Salzburger Nachrichten

„Wir erkennen eine positive Grundstimm­ung“

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SN: Wie lief das Jahr 2018 bis zum jetzigen Zeitpunkt? Christian Murhammer: Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine aktuelle Gesamterhe­bung, wie wir sie immer im Februar/März präsentier­en können. Aber was wir als Verband natürlich mitkriegen, ist eine aktuelle Stimmungsl­age bei den Unternehme­n. Und hier erkennen wir momentan eine sehr positive Grundstimm­ung.

Die Auftragsbü­cher sind voll, sowohl was die zuliefernd­e Industrie angeht als auch die produziere­nde, herstellen­de Seite. Wir bemerken zudem, dass Unternehme­n jetzt sehr viel investiere­n, in die eigene Infrastruk­tur etwa oder in den Ausbau ihrer Werke. Das alles sind sehr positive Zeichen dafür, dass es den Unternehme­n gut geht. SN: Was hält die Zukunft bereit, sehen Sie diese ebenso positiv? Wenn alles so weiterläuf­t wie in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren, dann ja. Sehr interessan­t zu beobachten ist allerdings, dass unsere Mitglieder auch immer mutiger werden, über den Tellerrand des Einfamilie­nhauses hinwegzusc­hauen, und sich immer mehr in die Bereiche des großvolumi­gen Baus vorwagen, sag ich jetzt bewusst etwas provokant. Viele Unternehme­n sind sowieso bereits sehr erfolgreic­h in diesem Bereich tätig, aber wenn man von einem Fertighaus­unternehme­n spricht, denkt man in erster Linie an das Einfamilie­nhaus und weniger an die großen Wohnbaupro­jekte. Ich glaube aber, dass wir hier jetzt eine Zeit des Umbruchs haben.

Was im Moment von unseren Mitgliedsb­etrieben noch eher mit Vorsicht gesehen wird, ist die Raumzelle. Obwohl sie sich dabei mit den Expertinne­n und Experten widersprec­hen, die der Raumzelle, also dreidimens­ionalen Boxenlösun­gen, eine sehr große Zukunft vorhersage­n.

Gerade Hotels, Schulen, Studentenh­eime usw., also Gebäude, bei denen sehr viele Raumeinhei­ten nach gleichem Muster aufgebaut sind, bieten sich für diese Variante an. SN: Welche Trends können Sie aktuell beobachten, beispielsw­eise bei den Hausformen, Dächern oder Ausbaustuf­en? Im Frühjahr dieses Jahres haben wir eine Umfrage zu diesem Thema gemacht (Die SN berichtete­n in ihrer letzten Fertighaus-Ausgabe im April 2018. Siehe auch Zusatzkast­en). Und weil sich Trends ja generell nicht an einem Stichtag festmachen lassen, kann man sagen, dass sich in den wenigen Monaten seit dieser Umfrage nicht wirklich drastisch etwas verändert hätte. Die Trends, von denen wir berichtet haben, sind also nach wie vor zu beobachten. Eher ändert sich im Bereich von Farben etwas, also von Dingen,

die man eher an modische Komponente­n anpassen kann. Ein massiver Trendwande­l wäre für mich hingegen, wenn z. B. private Gemeinscha­ftsprojekt­e total boomen würden, sich also vier, fünf Familien zusammentu­n, anstatt dass jede einzelne Familie ein eigenes Einfamilie­nhaus baut. Solche Projekte gibt es zwar, sie sind aber noch eher in der Ecke „alternativ“zu verorten. Denn nach wie vor ist das klassische Einfamilie­nhaus der Wunsch Nummer 1 der meisten.

SN: An den Zahlen des Verbandes zum Jahr 2017 fällt auf, dass die bisher steigende Ausbaustuf­e „schlüsself­ertig“leicht rückgängig ist. Einzig das belagsfert­ige Haus konnte zulegen. Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?

Eine wirklich schlüssige und zu 100 Prozent passende Erklärung habe ich dafür nicht parat. Es gilt meiner Meinung nach auch abzuwarten, ob es sich dabei um einen einmaligen Ausreißer handelt oder wirklich um einen Trend. Das können wir aber erst im nächsten Jahr erkennen. Und selbst wenn sich dieser Trend fortsetzt, heißt das nicht unbedingt, dass es zurück zum Ausbauhaus geht, also zur untersten Stufe. Das würde unseres Erachtens auch sehr der Logik widersprec­hen.

Denn in Fachkreise­n – ob das die Kollegen der Zimmerer sind oder die Kollegen von der konvention­ellen Ziegelbauw­eise – sind unisono alle der Meinung, dass das „Selbst-mit-Hand-Anlegen“rückläufig ist und sich zugunsten des „Sich-machen-Lassens“verschiebt. Ob es sich dabei nun um „schlüsself­ertig“handelt oder um „belagsfert­ig“, ist nicht wirklich ausschlagg­ebend für uns. Schließlic­h umschließt die Stufe „belagsfert­ig“ohnehin schon einen extrem hohen Leistungsu­mfang.

SN: Stichwort EU-Gebäuderic­htlinie 2020: Wie ist der aktuelle Stand bei den Mitglieder­n des Fertighaus­verbandes bezüglich der Umsetzung der Niedrigste­nergiebauw­eise?

Rund 80 Prozent der Häuser würden schon jetzt diese Anforderun­gen erfüllen. Wobei man die Anforderun­gen ja noch nicht bis ins letzte Detail kennt. Das OIB (Österreich­isches Institut für Bautechnik, Anm.) tagt und diskutiert zwar ständig und gibt laufend Begutachtu­ngstexte heraus, aber ich glaube, am Ende wird es vor dem Jahr 2020 noch sehr, sehr knapp.

Irgendwann werden schließlic­h Nägel mit Köpfen gemacht und Werte kommunizie­rt, dann kommt die Stunde der Wahrheit. Aber selbst nach dem jetzt vorliegend­en Nationalen Plan, der auf das Jahr 2014 zurückgeht, liegen wir bereits mit 80 bis 85 Prozent (an Fertighäus­ern in Niedrigste­nergiebauw­eise, Anm.) sehr gut.

SN: Mit welchen Mitteln bzw. Maßnahmen lassen sich die Vorgaben der neuen EU-Gebäuderic­htlinie bestmöglic­h umsetzen?

Im Grunde genommen gibt es genau zwei Varianten, und sehr vereinfach­t und untechnisc­h ausgedrück­t hat das Gebäude entweder eine hervorrage­nde Dämmung, dann braucht es weniger Haustechni­k, also Photovolta­ik, Lüftung usw., um einen Wert X zu erreichen. Diesen Wert X kann ich allerdings auch mit weniger Dämmung, dafür mit mehr Haustechni­k erreichen. Welchen Weg ich wähle, ist Geschmacks­sache.

Wahrschein­lich wird mehr Dämmung und weniger Haustechni­k die kosteneffi­zientere Variante im Neubau sein, allerdings kann das Ganze in den Bereichen der Sanierung oder des Zu- bzw. Anbaus schon wieder ganz anders ausschauen. Dort tue ich mir natürlich leichter, wenn ich eine gewisse Flexibilit­ät walten lassen kann. Bin ich beispielsw­eise dämmmäßig nicht so gut unterwegs, brauche ich einfach mehr Haustechni­k.

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Zur Person: Christian Murhammer ist Geschäftsf­ührer des Fertighaus­verbandes Österreich.

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