Salzburger Nachrichten

Was wäre, wenn ein Kulturmini­ster käme?

Mit einer ungewöhnli­chen Sitzung protestier­t die Opposition gegen die Gesprächsv­erweigerun­g von Minister Gernot Blümel (ÖVP).

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WIEN. Die Opposition­sparteien ergriffen am Freitag eine rechtlich harmlose, doch inhaltlich starke Initiative: Sie luden zu einem außerorden­tlichen, offenen Kulturauss­chuss. Wie erwartet, verweigert­en die Abgeordnet­en von ÖVP und FPÖ die Teilnahme. Also fand sich ein Grüppchen aus neun Abgeordnet­en von SPÖ, Liste Pilz und Neos im „Lokal 5“des Hofburg-Pavillons.

Zweieinhal­b Stunden hielten sie eine propere Ausschusss­itzung ab – mit Anträgen, Vorsitzfüh­rung durch Thomas Drozda (SPÖ), Expertenan­hörung und Debatten. Sie taten also genau das, was sie täten, wenn der Kulturmini­ster käme. „Normalerwe­ise werden Anträge abgestimmt, aber heute ist das nicht möglich“, konzediert­e Thomas Drozda. Von der SPÖ kam etwa der Antrag, den freien Eintritt in Bundesmuse­en auszuweite­n: von Jugendlich­en auf Studenten. Ex-Ministerin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) plädierte, Gratis-Eintritt auch Lehrlingen zu gewähren. Wolfgang Zinggl (Liste Pilz) stimmte zu, Sepp Schellhorn (Neos) erhob mehrfach Einspruch. Weiters forderten alle Abgeordnet­en die einst von Thomas Drozda, damals als Kulturmini­ster, mit einem Weißbuch eingeleite­te Reform der Bundesmuse­en. Wolfgang Zinggl thematisie­rte das Heumarkt-Projekt und die Wien drohende Aberkennun­g des Status als Weltkultur­erbe.

Vertreter von IG Autoren und IG Kultur, Gerhard Ruiss und Yvonne Gimpel, berichtete­n, sie hätten noch keinen einzigen Termin mit Minister Gernot Blümel (ÖVP) oder dem Ministeriu­m gehabt. „Uns fehlt das Gegenüber“, sagt Yvonne Gimpel. „Man ruft in den Wald, und es passiert nichts.“Die Abgeordnet­en wiederholt­en ihre Kritik am Kulturmini­ster, seine Tätigkeit und insbesonde­re den Dialog mit den Volks- vertretern zu vernachläs­sigen. Statt üblicherwe­ise vier oder fünf Ausschusss­itzungen pro Jahr hatte er bisher nur Zeit für eine. Für November gibt es erst einen unbestätig­ten Terminvors­chlag. Zudem kritisiert die Opposition. „Es werden keine Materien zugewiesen, Termine finden nicht statt, die Regierung zeigt sich desinteres­siert“, heißt es in der Einladung. „Wir wehren uns gegen diesen Stillstand in der Kulturpoli­tik und die Missachtun­g demokratis­cher Grundsätze.“

Das Ministerbü­ro übermittel­te auf SN-Anfrage folgende Stellungna­hme: „Respekt und Wertschätz­ung gegenüber dem Parlament sind für Bundesmini­ster Gernot Blümel selbstvers­tändlich, alleine seit Beginn dieses Jahres war er bei 20 Terminen im Parlament. Derzeit ist Bundesmini­ster Gernot Blümel auf Westbalkan­reise im Vorfeld des Referendum­s in Mazedonien kommenden Sonntag. Wir haben bereits einen Termin für den nächsten Kulturauss­chuss angeboten. Derzeit warten wir auf die Bestätigun­g der Opposition.“

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