Bereit für die Jagd auf Sagan
Die Ära des dreifachen Rad-Weltmeisters Peter Sagan soll Sonntag in Tirols Bergen enden.
Es ist das Radrennen des Jahres – und diesmal sind Österreichs Radprofis mittendrin statt nur dabei: Das sonntägige WM-Straßenrennen der Herren mit Start in Kufstein (9.40) und Ziel vor der Hofburg in Innsbruck (ca. 16.50) steht unter zwei ganz besonderen Aspekten, die letztlich auch miteinander verwoben sind: Die bergige Strecke in Tirols Bergen gilt als die schwierigste seit der Rad-WM in Kolumbien (1995) und weist dazu mit 260 Kilometern Streckenlänge und 4670 Höhenmetern alle Parameter für ein Ausscheidungsrennen der Superlative auf. Wer am Ende übrig bleiben soll, ist auch klar: Der slowakische Superstar Peter Sagan.
Der Charakterkopf mit Wohnsitz Monte Carlo hat sich im Vorjahr in Norwegen zum dritten Mal en suite den Weltmeistertitel auf der Straße geholt, das hat niemand vor ihm geschafft – „und es gibt eine ganze Menge Leute, die meint: Das reicht“, sagt Lukas Pöstlberger.
Der 26-jährige Oberösterreicher kennt die handelnden Personen am Sonntag hautnah: Im Profiteam Bora ist er eigentlich Helfer von Peter Sagan, im sonntägigen WM-Rennen füllt er diese Rolle für den österreichischen Kapitän Patrick Kon- rad aus. Was ist eigentlich die Stärke von Sagan? „Dass er als Radfahrer keine Schwäche hat.“Und von Konrad: „Dass ich ihn noch nie körperlich einbrechen gesehen habe.“
Ist Sagan am Sonntag überhaupt zu schlagen? „Ja, denn zuerst habe ich geglaubt, dass dieses Rennen 20 Favoriten hat. Aber mittlerweile glaube ich, dass jeder Zweite hier an einem guten Tag gewinnen kann. Dieses Feld ist nicht zu kontrollieren.“
Das klingt überraschend, denn der Kurs von Kufstein nach Innsbruck, dann mit sieben Runden à 24 Kilometer rund um Innsbruck und zum Ende mit dem Anstieg durch die „Höttinger Höll“(28 Prozent Steigung) scheint für Bergfahrer prädestiniert – und ein solcher ist Sagan nicht. „Das ist egal, zehn Minuten schnell bergauf fahren kann jeder in dem Feld, sogar ich“, sagt Pöstlberger schmunzelnd.
Doch Sagan hat ein eher schwaches Team (Slowakei) hinter sich. „Das ist richtig, aber irgendwer in dem Feld wird immer etwas probieren und fahren und Sagan hat Instinkt genug, das zu merken.“Pöstlberger geht sogar einen Schritt weiter: „Wenn man Sagan hier entthronen will, muss man ihn zwei Runden vor dem Ende schon abgehängt haben. Wenn er in der Höll noch dabei ist, dann kommt er im Solo in Innsbruck an.“
Und wie stehen die Chancen der Österreicher? „Wir müssen versuchen, möglichst viele Körner zu sparen, und auf den letzten zwei, drei Runden dann alles auf eine Karte setzen.“Die wird Patrick Konrad heißen. Österreichs Team mit Pöstlberger, Konrad, dem neuen Wahl-Salzburger Gregor Mühlberger (wohnt seit Anfang September in der Riedenburg), Felix Groß- schartner, Michael Gogl und Georg Preidler gilt als das stärkste seit vielen Jahren – und kann dank der sechs Startplätze als Veranstalter auch eine echte Team-Taktik aufziehen. Dazu kommt, dass sich die vier erstgenannten Profis aus dem Team Bora (haben zu Wochenbeginn alle bis 2019 verlängert) bestens kennen.
Für Pöstlberger zählt ein ganz anderes Detail: „Bei einer Rundfahrt denkst du immer auch an den Tag danach. Aber hier gibt es Montag kein Rennen, du musst auf diesen 260 Kilometern alles raushauen. Wer das kann, wird es schaffen.“