Es ist nicht mehr als ein sportliches Politgepolter der Regierung
Mit ihrem Vorstoß, die „Fernseh-Schutzliste“zu adaptieren, begibt sich die Regierung auf ganz dünnes Eis. Die Folgen für den Sport – nicht nur in Österreich – könnten weitreichend sein.
Am Anfang klang diese Woche die Ankündigung von Sportminister Heinz-Christian Strache und Medienminister Gernot Blümel spektakulär, am Ende wirkte sie zahnlos. Die „Fernseh-Schutzliste“solle in der nächsten Zeit adaptiert werden. Jene Liste also, die Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung beinhaltet. Wie der Opernball, wie das Neujahrskonzert, aber auch Olympische Spiele und Ähnliches. 70 Prozent aller ORF-Teilnehmer müssen diese Übertragungen ohne zusätzliche Gebühren erreichen, also im sogenannten Free TV zu sehen sein, besagt dieses TV-Exklusivrecht aus dem Jahre 2001. Wobei der Begriff Free TV beim ORF nicht ganz stimmt, denn jeder Haushalt zahlt ohnehin schon die GIS-Gebühr, in Salzburg über 25 Euro pro Monat.
Überarbeitet solle sie also werden, diese Liste. Minister Blümel ortet einen „Diskussionsbedarf“und rechnet mit einem „längeren Prozess“und Gesprächen mit allen Beteiligten. Aber in bestehende Verträge dürfe man nicht eingreifen. Der Anlass für die Ankündigung ist klar: Die österreichische Fußball-Bundesliga ist fast nur mehr exklusiv im Pay-TV auf Sky zu sehen. Eine Entwicklung, wie sie in anderen Bereichen schon üblich ist: Wie auf Netflix, wie auf Amazon Prime, wo die neuesten Serien gebührenpflichtig sind. Viele Junge nützen dieses Angebot. Im Sport könnte das bald ebenfalls Usus sein. Die Pay-TV-Anbieter erhoffen sich gesteigertes Interesse für eine Sportart.
Stimmt das? Die Fußball-Fans sehen schon diese Saison erstmals nur noch Champions League und heimische Bundesliga auf Sky oder DAZN. Oder sie gehen ins Stadion. Aber der Ärger über die neue TV-Zeitrechnung wächst. Der ORF und die privaten TV-Anstalten müssen sich derzeit auf Zusammenfassungen beschränken. Das passt vor allem dem Staatsfunk nicht, der die Summen, die im Fußball geboten werden, nicht mitbieten wollte. Denn Sky zahlt in Österreich beispielsweise für die vier Jahre Bundesligarechte kolportierte 34 Millionen Euro pro Jahr – mit einer Option auf weitere vier Jahre mit 41 Millionen Euro pro Jahr. Der Deal ist also fast 300 Millionen Euro schwer. Wer konnte es sich verdenken, dass die Bundesliga dem Bezahlfernsehen den Zuschlag gibt? Vor allem die kleineren Vereine in der höchsten heimischen Liga profitieren finanziell höchst lukrativ von diesem Angebot. Die Zukunft dieser Vereine, ob Altach oder WAC, ist durch diese TV-Verträge gesichert. Wird Sky, wenn ihnen Spiele ins Free-TV abgezogen werden, noch diese Summen zahlen? Wo ist der Aufschrei der Liga, der Vereine? Auch wenn es erst 2022 schlagend werden könnte?
Wie man hört, sind vor allem die Liga-Sponsoren wachgerüttelt und kritisieren geringe Einschaltquoten. Das soll sich dann wieder mit einer gesetzlichen Regelung ändern. Fußball im Free TV, sogar Allianzen zwischen ORF, Puls 4 oder Servus TV werden angedacht. Ein Sanktus der EU-Kommission soll alles fixieren. Die wird sich aber hüten, denn gemäß dem Beispiel in Österreich würden dann die Ligen in Deutschland, Spanien oder Italien nachziehen und ihre hochkarätigen TV-Verträge abspecken müssen. Das en passant überarbeitete TVExklusivrechtegesetz der heimischen Regierung könnte finanzielle Folgen für den Sport in ganz Europa haben.