Salzburger Nachrichten

Es ist nicht mehr als ein sportliche­s Politgepol­ter der Regierung

Mit ihrem Vorstoß, die „Fernseh-Schutzlist­e“zu adaptieren, begibt sich die Regierung auf ganz dünnes Eis. Die Folgen für den Sport – nicht nur in Österreich – könnten weitreiche­nd sein.

- RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Am Anfang klang diese Woche die Ankündigun­g von Sportminis­ter Heinz-Christian Strache und Medienmini­ster Gernot Blümel spektakulä­r, am Ende wirkte sie zahnlos. Die „Fernseh-Schutzlist­e“solle in der nächsten Zeit adaptiert werden. Jene Liste also, die Ereignisse von erhebliche­r gesellscha­ftlicher Bedeutung beinhaltet. Wie der Opernball, wie das Neujahrsko­nzert, aber auch Olympische Spiele und Ähnliches. 70 Prozent aller ORF-Teilnehmer müssen diese Übertragun­gen ohne zusätzlich­e Gebühren erreichen, also im sogenannte­n Free TV zu sehen sein, besagt dieses TV-Exklusivre­cht aus dem Jahre 2001. Wobei der Begriff Free TV beim ORF nicht ganz stimmt, denn jeder Haushalt zahlt ohnehin schon die GIS-Gebühr, in Salzburg über 25 Euro pro Monat.

Überarbeit­et solle sie also werden, diese Liste. Minister Blümel ortet einen „Diskussion­sbedarf“und rechnet mit einem „längeren Prozess“und Gesprächen mit allen Beteiligte­n. Aber in bestehende Verträge dürfe man nicht eingreifen. Der Anlass für die Ankündigun­g ist klar: Die österreich­ische Fußball-Bundesliga ist fast nur mehr exklusiv im Pay-TV auf Sky zu sehen. Eine Entwicklun­g, wie sie in anderen Bereichen schon üblich ist: Wie auf Netflix, wie auf Amazon Prime, wo die neuesten Serien gebührenpf­lichtig sind. Viele Junge nützen dieses Angebot. Im Sport könnte das bald ebenfalls Usus sein. Die Pay-TV-Anbieter erhoffen sich gesteigert­es Interesse für eine Sportart.

Stimmt das? Die Fußball-Fans sehen schon diese Saison erstmals nur noch Champions League und heimische Bundesliga auf Sky oder DAZN. Oder sie gehen ins Stadion. Aber der Ärger über die neue TV-Zeitrechnu­ng wächst. Der ORF und die privaten TV-Anstalten müssen sich derzeit auf Zusammenfa­ssungen beschränke­n. Das passt vor allem dem Staatsfunk nicht, der die Summen, die im Fußball geboten werden, nicht mitbieten wollte. Denn Sky zahlt in Österreich beispielsw­eise für die vier Jahre Bundesliga­rechte kolportier­te 34 Millionen Euro pro Jahr – mit einer Option auf weitere vier Jahre mit 41 Millionen Euro pro Jahr. Der Deal ist also fast 300 Millionen Euro schwer. Wer konnte es sich verdenken, dass die Bundesliga dem Bezahlfern­sehen den Zuschlag gibt? Vor allem die kleineren Vereine in der höchsten heimischen Liga profitiere­n finanziell höchst lukrativ von diesem Angebot. Die Zukunft dieser Vereine, ob Altach oder WAC, ist durch diese TV-Verträge gesichert. Wird Sky, wenn ihnen Spiele ins Free-TV abgezogen werden, noch diese Summen zahlen? Wo ist der Aufschrei der Liga, der Vereine? Auch wenn es erst 2022 schlagend werden könnte?

Wie man hört, sind vor allem die Liga-Sponsoren wachgerütt­elt und kritisiere­n geringe Einschaltq­uoten. Das soll sich dann wieder mit einer gesetzlich­en Regelung ändern. Fußball im Free TV, sogar Allianzen zwischen ORF, Puls 4 oder Servus TV werden angedacht. Ein Sanktus der EU-Kommission soll alles fixieren. Die wird sich aber hüten, denn gemäß dem Beispiel in Österreich würden dann die Ligen in Deutschlan­d, Spanien oder Italien nachziehen und ihre hochkaräti­gen TV-Verträge abspecken müssen. Das en passant überarbeit­ete TVExklusiv­rechtegese­tz der heimischen Regierung könnte finanziell­e Folgen für den Sport in ganz Europa haben.

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Richard Oberndorfe­r

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