Macht Meter, werte Herren!
Die Öffis im Land sind in einem bedauernswerten Zustand. Dass die Salzburg AG derzeit 33 Jahre alte Busse einsetzt, die eigentlich im Museum stehen, ist eines von vielen Symbolen dafür.
Durch Salzburg kurvt derzeit auf der Linie 6 ein besonderer Obus. Baujahr: 1985. Kilometerstand: eine Million. Bestimmungsort seit 2002: das Museum. Immerhin: Er bläst den staunenden Salzburgern keine Russpartikel ins Gesicht.
Nein, das ist leider kein Marketinggag – auch wenn viele Fahrgäste das Retro-Gefährt lustig finden. Weniger lustig ist: Die Flotte der Salzburg AG ist offenbar krisenanfällig. 40 Prozent der Busse haben mehr als 13 Jahre auf dem Buckel. Fallen unerwartete Reparaturen oder Wartungen an, müssen die Oldies aus dem Museum her. Wie gesagt: Das ist kein Skandal. Aber es ist ein bezeichnendes Symbol für den Stellenwert, den die Öffis in Salzburg haben.
Die Salzburg AG ist in der Ära von Vorstandssprecher Leonhard Schitter tunlichst um Glanzlichter bemüht. Ob Strom, Wärme, Breitband oder Digitales: Schitter setzt Zeichen von Modernität und Gewinn. Die Obusflotte eignet sich dafür nicht wirklich. Sie ist kein Feld, in dem man glänzen kann, kein Feld, das Gewinn verheißt. Im Gegenteil: Die Verkehrssparte ist chronisch defizitär. Mehr als zehn Millionen sollen jährlich fehlen. Für den Chef ist das mehr Ärgernis denn Ansporn. Und kein verantwortungsvoller Unternehmensführer wird freiwillig in Verlustbringer investieren. Dividende . . . Er darf das eigentlich gar nicht, weil er damit seine Pflichten verletzen könnte.
Nur – und darum wird es spannend – ist die Salzburg AG kein normales Unternehmen. Die Mehrheit der Salzburg AG gehört genau genommen uns allen, den Salzburgerinnen und Salzburgern. Ihre Eigentümervertreter sind (mehrheitlich) nicht gewinnorientiert, sondern Politiker, die für das Gemeinwohl sorgen müssen. Was den betriebswirtschaftlichen Auftrag des Vorstandschefs nicht außer Kraft setzt, aber einschränkt.
Womit wir bei den Politikern wären, die in der Angelegenheit auch eine zwiespältige Rolle spielen. Bis heute ist ihre Versuchung groß, das profitable Unternehmen – sagen wir es salopp – finanziell auszunehmen. Braucht man Geld für eine kleine Initiative da, eine Spende dort oder eine regionale Unterstützung irgendwo, fällt schnell der Name „Salzburg AG“. Und dann wartet jedes Jahr noch eine millionenschwere Dividende, die die Salzburg AG an ihre Eigentümer ausschüttet. Weil das Geld bekanntlich kein Mascherl hat, fließen die Millionen in die Budgets von Stadt und Land – und machen die jeweiligen Finanzchefs um ein paar Sorgen leichter.
Aber warum, bitte schön, wird diese Millionen-Dividende nicht konsequent für den öffentlichen Verkehr verwendet? Die Staus und Ärgernisse auf den Straßen, die sich mittlerweile über das ganze Land verteilen, gehören energisch bekämpft. Schöne Worte gibt es zuhauf. Konsequente Taten kaum – weil das liebe Geld fehlt. Die gemeinsam gegründete Planungsfirma für die Verlängerung der Lokalbahn ist zwar ein Hoffnungsschimmer. Aber das allein ist viel zu wenig. Gegen den Verkehrsnotstand helfen nur Sofortmaßnahmen – und die müssen die Öffis richtig auf Trab bringen.
Nun bündelt sich die geballte Macht des Landes in der Salzburg AG: Landeshauptmann Wilfried Haslauer und sein Vize Heinrich Schellhorn sitzen ab Dienstag im Aufsichtsrat und quasi Vorstandschef Schitter gegenüber. Mehr Macht geht nicht. Mehr Gestaltungsmöglichkeit auch nicht. Macht also endlich Meter im öffentlichen Verkehr – zum Wohl des Landes und seiner Bürger.