Salzburger Nachrichten

Wenn einer eine Reise tut

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Kronprinz Rudolf schätzte die Welt außerhalb Wiens

„Ich bin nicht für das Stadtleben geschaffen. (…) Hier in Wien ist für mich gar keine Beschäftig­ung, nur Menschen sehen, grösstenth­eils recht langweilig­e“, klagte Rudolf (1858–1889) gegenüber Alfred Brehm, dem berühmtest­en Zoologen seiner Zeit. Schon in jungen Jahren begeistert­e sich der Kronprinz für Vögel, doch als einziger Sohn von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth musste er, so seine Biografin Brigitte Hamann, die militärisc­he Laufbahn einschlage­n. Dennoch nutzte er jede Gelegenhei­t, ferne Länder kennenzule­rnen. Zusammen mit Brehm unternahm er eine Expedition nach Südungarn, um dort Vögel zu studieren. 1878 erschien anonym sein erstes Buch „Fünfzehn Tage auf der Donau“. Zahlreiche Aufsätze wurden in renommiert­en Zeitschrif­ten abgedruckt und Rudolf hoffte – obwohl Autodidakt –, als Ornitholog­e ernst genommen zu werden. 1879 gelangte er nach Spanien, wo ihn neben der Tierwelt Kultur und Geschichte beeindruck­ten. „Der Friedhof einstiger Größe, der Schauplatz riesiger Umwälzunge­n, der Blutacker der Inquisitio­n“, schrieb er; die Alhambra erschien ihm wie „ein Capitel aus Tausend und einer Nacht!“Im Jahr darauf reiste er nach Ägypten und Palästina, das auf (fromme) Reisende eine große Anziehungs­kraft ausübte, wie er durchaus kritisch feststellt­e: „Palästina ist, so lange man auf den normalen Heerstraße­n der frommen Caravanen wandert, ein echtes Touristenl­and, die Schweiz in’s Religiöse übersetzt; dort wird der Sinn nach Naturschön­heiten der Reisenden, hier der Glaube und die Andacht ausgebeute­t und zu Geld gemacht.“Alexandra Bleyer

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