Die programmierte Katastrophe von 9/11
Entscheidende Unterlagen bleiben in den Schubladen
Fiktionale Filme lassen sich mit Originalaufnahmen hervorragend aufpeppen. Man verknüpft Szenen mit kurzen Passagen der realen Personen – das wirkt Wunder. Besonders gelungen ist dieser Mechanismus in der Serie „The Looming Tower“über den größten Anschlag in der US-amerikanischen Geschichte.
Die Zerstörung der Twin Towers, 9/11 – der Terrorakt des 11. September 2001 auf das World Trade Center (WTC) und das Pentagon –, bleibt ein Trauma nicht nur für die USA. Dass eine der gekaperten Maschinen ihr Ziel nicht erreicht hat, ist kein Trost. Zahllos sind die Verschwörungstheorien seitdem. Aufgearbeitet wurden sie selten so anschaulich wie in der Verfilmung des mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Sachbuchs „The Looming Tower: Al Qaeda’s Road to 9/11“(deutsch: „Der Tod wird euch finden“). Es wurden aufseiten der Geheimdienste haarsträubende Fehler gemacht.
Die CIA (Central Intelligence Agency) und das FBI (Federal Bureau of Investigation) sind einander nicht grün. Das wissen Filmfreunde anhand zahlreicher Politthriller. Beide unterhalten ihre eigenen Abteilungen für dieselben Zwecke. „I-49 Squad“in New York und die „Alec Station“in Washington, D.C., sind die Anti-Terror-Divisionen des FBI und der CIA. Das Ausmaß, in dem sich diese beiden Teams gegenseitig behindern, füttert den gesamten Spannungsbogen der zehn Episoden.
Es wird gemauert, ja sogar eine simple Informationsweitergabe etwa von der CIA zum FBI wird mit Gefängnis bedroht. So bleiben entscheidende Hinweise auf AlKaida-Verschwörungen und -Attentatspläne in den Schubladen der jeweiligen Abteilungen liegen. Dass jemenitische Behörden wichtige Verhöre mit dem inhaftierten Leibwächter Osama Bin Ladens verhindern, passt in dieses Bild.
Die Chefs der beiden Dienste sind mit Jeff Daniels (als John O’Neill/FBI) und Alec Baldwin (CIA-Chef George Tenet) prominent und damit gewichtig besetzt. Auch hier werden Statements der Hauptfiguren, etwa der in besonders schlechtem Licht gezeichneten Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sowie Tenets, von den Originalanhörungen vor der Untersuchungskommission im Jahr 2004 gezeigt. Eine Tragik für sich ist, dass der wegen seiner scheinbaren Unkenrufe abgesetzte FBI-Leiter O’Neill wenig später Sicherheitschef im WTC wird und bei den Anschlägen ums Leben kommt.