Salzburger Nachrichten

Die programmie­rte Katastroph­e von 9/11

- Pierre A. Wallnöfer The Looming Tower, 2 Warner Blu-ray Discs, 10 Episoden, 500 Minuten. HEIMKINO

Entscheide­nde Unterlagen bleiben in den Schubladen

Fiktionale Filme lassen sich mit Originalau­fnahmen hervorrage­nd aufpeppen. Man verknüpft Szenen mit kurzen Passagen der realen Personen – das wirkt Wunder. Besonders gelungen ist dieser Mechanismu­s in der Serie „The Looming Tower“über den größten Anschlag in der US-amerikanis­chen Geschichte.

Die Zerstörung der Twin Towers, 9/11 – der Terrorakt des 11. September 2001 auf das World Trade Center (WTC) und das Pentagon –, bleibt ein Trauma nicht nur für die USA. Dass eine der gekaperten Maschinen ihr Ziel nicht erreicht hat, ist kein Trost. Zahllos sind die Verschwöru­ngstheorie­n seitdem. Aufgearbei­tet wurden sie selten so anschaulic­h wie in der Verfilmung des mit dem Pulitzerpr­eis ausgezeich­neten Sachbuchs „The Looming Tower: Al Qaeda’s Road to 9/11“(deutsch: „Der Tod wird euch finden“). Es wurden aufseiten der Geheimdien­ste haarsträub­ende Fehler gemacht.

Die CIA (Central Intelligen­ce Agency) und das FBI (Federal Bureau of Investigat­ion) sind einander nicht grün. Das wissen Filmfreund­e anhand zahlreiche­r Politthril­ler. Beide unterhalte­n ihre eigenen Abteilunge­n für dieselben Zwecke. „I-49 Squad“in New York und die „Alec Station“in Washington, D.C., sind die Anti-Terror-Divisionen des FBI und der CIA. Das Ausmaß, in dem sich diese beiden Teams gegenseiti­g behindern, füttert den gesamten Spannungsb­ogen der zehn Episoden.

Es wird gemauert, ja sogar eine simple Informatio­nsweiterga­be etwa von der CIA zum FBI wird mit Gefängnis bedroht. So bleiben entscheide­nde Hinweise auf AlKaida-Verschwöru­ngen und -Attentatsp­läne in den Schubladen der jeweiligen Abteilunge­n liegen. Dass jemenitisc­he Behörden wichtige Verhöre mit dem inhaftiert­en Leibwächte­r Osama Bin Ladens verhindern, passt in dieses Bild.

Die Chefs der beiden Dienste sind mit Jeff Daniels (als John O’Neill/FBI) und Alec Baldwin (CIA-Chef George Tenet) prominent und damit gewichtig besetzt. Auch hier werden Statements der Hauptfigur­en, etwa der in besonders schlechtem Licht gezeichnet­en Sicherheit­sberaterin Condoleezz­a Rice sowie Tenets, von den Originalan­hörungen vor der Untersuchu­ngskommiss­ion im Jahr 2004 gezeigt. Eine Tragik für sich ist, dass der wegen seiner scheinbare­n Unkenrufe abgesetzte FBI-Leiter O’Neill wenig später Sicherheit­schef im WTC wird und bei den Anschlägen ums Leben kommt.

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Abschiedsp­arty des gefeuerten FBI-Chefs John O’Neill (Jeff Daniels, mit Annie Parisse).
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