Salzburger Nachrichten

Ein Andersdenk­ender hat es in Österreich schwer

Der Name Werner Hofmann fällt aus den Ehrentafel­n der Republik. Eine hochkaräti­ge Schar hat sich dem widersetzt.

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WIEN, KREMS. Einem der Erneuerer des Museumsbet­riebs in Österreich widerfährt ein sonderbare­s Vergessen. Werner Hofmann, Gründungsd­irektor des 20er Hauses und damit des Museums modernder Kunst (Mumok), sei zwar seit 1989 in der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften gewesen, doch derweil sei aus deren Mitglieder­listen sein Name gestrichen, berichtet der Kunsthisto­riker Thomas Zaunschirm. Gleiches habe er beim Staatsprei­ses für Verdienste um die österreich­ische Kultur im Ausland feststelle­n müssen. Diesen habe Werner Hofmann 1991 erhalten, auch da sei der Name eliminiert, sagte Thomas Zaunschirm und folgert: „Es wirkt so, als wollte man sich gegen die Heimkehr des großen Sohnes wehren.“

Er berichtete dies bei einer Gegenmaßna­hme zum Vergessen: Das Mumok in Wien und das Forum Frohner in Krems veranstalt­eten am Freitag und am Samstag der Vorwoche ein Symposium, in dem man aus dem Staunen nicht herauskam. Über die hochkaräti­ge Schar der rund 200 Teilnehmer, über das radikal erneuernde Denken dieses Kunsthisto­rikers wie über die Vielzahl seiner maßgeblich­en Ausstellun­gen, in Österreich etwa „Wasser & Wein“zur Eröffnung der Kunsthalle Krems 1995 oder „Ich traue meinen Augen nicht“2011 im Karikaturm­useum Krems. Vor allem hatte er in den 1960er-Jahren im 20er Haus die Moderne nach Wien gebracht. Trotzdem blieb seine Bewerbung um Habilitati­on an der Universitä­t Wien erfolglos; diese soll angeblich der damalige Ordinarius Otto Pächt mit dem Satz abgetan haben: „Unsere Moderne machen wir uns selber!“

Werner Hofmann (1928–2013) ging nach Hamburg und leitete 1969 bis 1990 die dortige Kunsthalle. Die Wiener SPÖ-Stadträtin Ursula Pasterk lockte ihn wieder nach Wien, um „Zauber der Medusa“zu kuratieren, eine der ersten Großausste­llungen im Künstlerha­us.

Damit wurde in den 1980er-Jahren der Beginn von etwas manifestie­rt, das es bis dahin in Museen kaum gegeben hatte: Sonderauss­tellungen. Und während damalige Landesauss­tellungen einzelne Künstler oder Stile aufbereite­ten, zog Werner Hofmann ein Thema quer über Epochen. „Für Österreich war thematisch­es Kuratieren neu“, sagte der Kunst- und Architektu­rhistorike­r Matthias Boeckl im Symposium.

„Guten Tag, Hofmann, mit einem f.“So und mit rundem, langem o soll sich der aus Wien stammende Kurator und Kunsthisto­riker gern vorgestell­t haben. Hingegen quittierte er ein kurzes, forsches o mit Häme. Aus dieser Schrulle schlug Thomas Zaunschirm einen Funken: Er nannte seinen Vortrag „Werner Hoffmann im Rückspiege­l“, weil er von jenem Hamburger Baudirekto­r mit Doppel-f erzählte, der in der wegen alter Bäume nicht erweiterba­ren Sierichstr­aße die kurioseste Einbahn Europas verordnet hat: Sie führt von 4 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags stadteinwä­rts und dann bis 4 Uhr morgens stadtauswä­rts. Der Kunsthalle­ndirektor mit einem f wohnte in der Sierichstr­aße 154. „Jahrzehnte­lange Wahrnehmun­g des Verkehrsfl­usses blieb nicht ohne Wirkung“, sagte Thomas Zaunschirm.

Werner Hofmann unterschie­d „monofokal“sowie „bifokal“und „polyfokal“– je nach Zahl der intellektu­ellen Brennpunkt­e und Blickricht­ungen einer Epoche; demnach war die Neuzeit monofokal, aber die Moderne war polyfokal. Auch der Titel seines Buchs über Kunstgesch­ichte war Zaunschirm zufolge dem Autofahren in der Sierichstr­aße geschuldet: „Die Moderne im Rückspiege­l“.

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Werner Hofmann (1928–2013) bei einer Vernissage im 20er Haus.

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