Böse Menschen im Hotel
Im neuen Kinofilm „Bad Times at the El Royale“wird ein einsam gelegenes Motel zum Schauplatz für zwielichtige Gestalten und abgebrannte Kreaturen.
Irgendwo an der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada steht das „El Royale“-Motel. Einst wurde hier gefeiert und gespielt, gespitzelt und getrunken. Inzwischen, es ist das Jahr 1969, steht das „El Royale“meistens leer und ist umso interessanter für zwielichtige Gestalten und abgebrannte Kreaturen.
Dieses Motel ist die Erfindung von Regisseur und Drehbuchautor Drew Goddard, und es ist Schauplatz von „Bad Times at the El Royale“– ab Freitag im Kino. Vier Fremde stehen da eines schönen Herbstnachmittags an der Rezeption: Father Flynn (gespielt von Jeff Bridges) ist etwas zu jovial, um als echter Priester durchzugehen. Er will gleich freundschaftlich anbandeln mit Darlene Sweet (Cynthia Erivo als warm leuchtendes Zentrum dieses gewaltsamen Films), einer erfolglosen Soulsängerin. Dann ist da Seymour Sullivan (Jon Hamm), der offenkundig nur vorgibt, Staubsaugervertreter zu sein. Die junge Reisende Emily Summerspring (Dakota Johnson) gibt sich keine Mühe, zu verbergen, dass sie mit niemandem reden will, das abgelegenste Zimmer braucht und Übles vorhat mit jenem schweren Ding, das sie spätabends bei Regen aus dem Kofferraum ins Zimmer wuchtet.
Hotels eignen sich als Orte, um Schicksale aufeinandertreffen zu lassen. Das gilt spätestens, seit Vicki Baum mit ihrem zweifach verfilmten Roman „Menschen im Hotel“(1929) Erfolg feierte. Im Kino wird dieses Motiv wieder und wieder genutzt, wie bei „Four Rooms“(1995), einem Episodenfilm unter anderem von Quentin Tarantino, in dem Hotelgästen in vier Zimmern Drastisches widerfährt. Tarantino ist nicht von ungefähr hier erwähnt, bezieht sich Drew Goddard in „El Royale“stilistisch auf ihn. Er verschiebt im ersten Drittel des Films Zeitebenen und Handlungsstränge ineinander, wie das bei „Pulp Fiction“neu und aufregend war. In „El Royale“treffen die Figuren dann immer wieder aufeinander, zuerst zu zweit, zu dritt, manche sterben früh, in einem Showdown kommen alle Überlebenden in die Lobby.
Das Personal des Films beschränkt sich nicht auf die vier, da sind noch mehr, unter anderem ein schüchterner Concierge mit finsterer Vergangenheit, ein bösartiger Verfolger, eine blinde Passagierin. Goddard hat sich längst selbst einen Namen gemacht, als Regisseur des ungewöhnlichen Horrorfilms „The Cabin in the Woods“, und als Drehbuchautor etwa von „Der Marsianer“und „Cloverfield“. Seine Spezialität ist das Unerwartete, das Auslegen falscher Fährten, und davon gibt es in „El Royale“reichlich. Nicht alle jedoch funktionieren: Nach vergnüglichen anderthalb Stunden geht der Film im letzten Drittel in ein zerdehntes Finale in schwelgerischen Bildern, mit Feuer und Blut und zynischen Dialogen. Es taucht ein charismatischer Charlie-Manson-Wiedergänger (Chris Hemsworth) auf, statuenschön, erotisch und tödlich gefährlich. Und es ist dann eine blasse Nebenfigur, die sich rasant als superheldenhafter Deus ex Machina etabliert.
Die Vergangenheit des FilmMotels ist ein Sumpf aus Politik, Spitzeleien und Sensationslust – ein Versprechen, das leider uneingelöst bleibt. Der Wochenendtrip ins „El Royale“hätte noch Potenzial gehabt. Aber vielleicht beim nächsten Urlaub.
Kino: „Bad Times at the El Royale“, USA 2018. Regie: Drew Goddard. Mit Jon Hamm, Chris Hemsworth, Dakota Johnson, Cynthia Erivo.