Ronaldo und Co. sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst
Viele Sport-Superstars geraten in die negativen Schlagzeilen und sind dann geläutert. Warum Fehlschritte bei ihnen für die Gesellschaft noch fataler sein können.
„Niemand stoppt ihn“, titelte diese Woche Italiens berühmteste Sportzeitung „Gazzetta dello Sport“und meinte wohl die Glanztaten des Cristiano Ronaldo auf dem grünen Rasen für Juventus Turin. Es scheint nun jenem Giganten, der über Jahre die Fußballwelt, die Zuschauer in aller Welt mit der Art, seinen Sport zu zelebrieren, in den Bann zog, Ungemach zu drohen. Ronaldo polarisiert immer: positiv, da Tore und Titel seins waren (sind), und negativ, weil die Selbstdarstellung des Narziss Ronaldo sogar einigen Ultra-Fans auf die Nerven ging.
Jetzt hat der Portugiese einen Kampf abseits der Stadien zu bewältigen, der ihn dieser Tage eingeholt hat. Unabhängig, ob die Vergewaltigungsvorwürfe des Ex-Models Kathryn Mayorga aus dem Jahr 2009 in Las Vegas stimmen oder nicht – für Ronaldo gilt bis heute die Unschuldsvermutung: Der 33-Jährige wird sich genau ein Jahr nach der MeToo-Debatte seinen Anklägern – und es scheinen von Tag zu Tag mehr zu werden – in vollem Umfang stellen müssen, zur Aufklärung alles beitragen. Das ist die Verantwortung, die Sportstars einfach haben. Sie müssen wissen, dass ihnen die Millionen mit vielen Immobilien, vielen Luxusautos und prunkvollen Uhrensammlungen nur gegeben sind, wenn sie dem Sport Nutzen bringen. Im negativen Licht sind sie nutzlos. Das wissen auch die Sponsoren, die zig Millionen einem Sportler wie Cristiano Ronaldo überweisen. Das erwarten die über 300 Millionen Follower, die alles vom fünffachen Champions-LeagueSieger wissen wollen. Die Anmaßung der Prominenz, „ich kann mir alles leisten“, ist fatal. Das trifft in ihrem Leben, das in Zeiten von sozialen Netzwerken so öffentlich geworden ist, auf und abseits des Rasens zu. Jede Wortmeldung, jede Tat (Untat) wird besonders registriert und bewertet. Prominente wie Kevin Spacey oder Harvey Weinstein haben dies am eigenen Leib verspüren müssen. Sie wurden gerecht abgestraft. Das mussten auch mit Recht Dopingsünder wie Lance Armstrong oder Bernhard Kohl (siehe oben) erfahren.
Menschlich ist, dass Ronaldo-Mutter Maria Dolores eine Kampagne gestartet hat, die sich vehement gegen die brutalen Vergewaltigungs- vorwürfe richtet. Würde sie auch so reagieren, wenn es Cristianos Schwester Katia als Opfer betreffen würde? Wohl kaum.
Die Sponsoren und Firmen sollten in Zukunft gut überlegen, mit wem sie längerfristige Millionenverträge abschließen. Denn die Folgen für Unternehmen könnten ungemütlich werden. So ist die Aktie des Ronaldo-Vereins Juventus Turin nach Bekanntwerden der Vorwürfe stark gefallen. Sponsor Nike meinte, dass man tief besorgt sei und die Situation genau verfolgen müsse. Der letzte längerfristige Deal 2016 mit Ronaldo soll Nike insgesamt 900 Millionen Euro wert gewesen sein.
Am Ende bleibt so oder so ein fahler Beigeschmack. Ronaldo hat übrigens alle Vorwürfe immer vehement bestritten. Sein Anwalt hat diese Woche ein Team zusammengestellt, um gegen den Vergewaltigungsvorwurf vorzugehen. In einer ersten Stellungnahme meinte der Goalgetter dieser Tage wörtlich, er sei „zuversichtlich, dass die Wahrheit siegt“. Wir auch.