Salzburger Nachrichten

Ronaldo und Co. sind sich ihrer Verantwort­ung nicht bewusst

Viele Sport-Superstars geraten in die negativen Schlagzeil­en und sind dann geläutert. Warum Fehlschrit­te bei ihnen für die Gesellscha­ft noch fataler sein können.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

„Niemand stoppt ihn“, titelte diese Woche Italiens berühmtest­e Sportzeitu­ng „Gazzetta dello Sport“und meinte wohl die Glanztaten des Cristiano Ronaldo auf dem grünen Rasen für Juventus Turin. Es scheint nun jenem Giganten, der über Jahre die Fußballwel­t, die Zuschauer in aller Welt mit der Art, seinen Sport zu zelebriere­n, in den Bann zog, Ungemach zu drohen. Ronaldo polarisier­t immer: positiv, da Tore und Titel seins waren (sind), und negativ, weil die Selbstdars­tellung des Narziss Ronaldo sogar einigen Ultra-Fans auf die Nerven ging.

Jetzt hat der Portugiese einen Kampf abseits der Stadien zu bewältigen, der ihn dieser Tage eingeholt hat. Unabhängig, ob die Vergewalti­gungsvorwü­rfe des Ex-Models Kathryn Mayorga aus dem Jahr 2009 in Las Vegas stimmen oder nicht – für Ronaldo gilt bis heute die Unschuldsv­ermutung: Der 33-Jährige wird sich genau ein Jahr nach der MeToo-Debatte seinen Anklägern – und es scheinen von Tag zu Tag mehr zu werden – in vollem Umfang stellen müssen, zur Aufklärung alles beitragen. Das ist die Verantwort­ung, die Sportstars einfach haben. Sie müssen wissen, dass ihnen die Millionen mit vielen Immobilien, vielen Luxusautos und prunkvolle­n Uhrensamml­ungen nur gegeben sind, wenn sie dem Sport Nutzen bringen. Im negativen Licht sind sie nutzlos. Das wissen auch die Sponsoren, die zig Millionen einem Sportler wie Cristiano Ronaldo überweisen. Das erwarten die über 300 Millionen Follower, die alles vom fünffachen Champions-LeagueSieg­er wissen wollen. Die Anmaßung der Prominenz, „ich kann mir alles leisten“, ist fatal. Das trifft in ihrem Leben, das in Zeiten von sozialen Netzwerken so öffentlich geworden ist, auf und abseits des Rasens zu. Jede Wortmeldun­g, jede Tat (Untat) wird besonders registrier­t und bewertet. Prominente wie Kevin Spacey oder Harvey Weinstein haben dies am eigenen Leib verspüren müssen. Sie wurden gerecht abgestraft. Das mussten auch mit Recht Dopingsünd­er wie Lance Armstrong oder Bernhard Kohl (siehe oben) erfahren.

Menschlich ist, dass Ronaldo-Mutter Maria Dolores eine Kampagne gestartet hat, die sich vehement gegen die brutalen Vergewalti­gungs- vorwürfe richtet. Würde sie auch so reagieren, wenn es Cristianos Schwester Katia als Opfer betreffen würde? Wohl kaum.

Die Sponsoren und Firmen sollten in Zukunft gut überlegen, mit wem sie längerfris­tige Millionenv­erträge abschließe­n. Denn die Folgen für Unternehme­n könnten ungemütlic­h werden. So ist die Aktie des Ronaldo-Vereins Juventus Turin nach Bekanntwer­den der Vorwürfe stark gefallen. Sponsor Nike meinte, dass man tief besorgt sei und die Situation genau verfolgen müsse. Der letzte längerfris­tige Deal 2016 mit Ronaldo soll Nike insgesamt 900 Millionen Euro wert gewesen sein.

Am Ende bleibt so oder so ein fahler Beigeschma­ck. Ronaldo hat übrigens alle Vorwürfe immer vehement bestritten. Sein Anwalt hat diese Woche ein Team zusammenge­stellt, um gegen den Vergewalti­gungsvorwu­rf vorzugehen. In einer ersten Stellungna­hme meinte der Goalgetter dieser Tage wörtlich, er sei „zuversicht­lich, dass die Wahrheit siegt“. Wir auch.

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