Salzburger Nachrichten

BVT: Zeugen packen aus

Vier Insider haben die Geheimdien­st-Affäre ins Rollen gebracht. Nun sind sie am Wort.

- Mars

Kopfschütt­eln, Gelächter und fragende Gesichter. So reagierten die Abgeordnet­en in der aktuellste­n Fragerunde im parlamenta­rischen U-Ausschuss zur Affäre rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Im Zentrum standen diesmal die ersten zwei Belastungs­zeugen, deren Aussagen vor der Staatsanwa­ltschaft die Grundlage für die umstritten­en Razzia im BVTHauptqu­artier zu Jahresbegi­nn waren. Der Verdacht der Staatsanwa­ltschaft: Korruption und Datenmissb­rauch von Staatsschü­tzern.

Der Verdacht der Opposition wiederum: Die Zeugen wurden in der Causa vom Büro des Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ) manipulier­t, um den Staatsschu­tz umzufärben.

Als erste Zeugin wurde am Dienstag die ehemalige Asien-Analystin des Staatsschu­tzes, Frau P., vor dem U-Ausschuss befragt. Die Frau des Generalsek­retärs im Außenminis­terium arbeitete zwei Jahre lang im BVT. Laut eigener Aussage sind ihr in dieser Zeit grobe Missstände aufgefalle­n. Sie habe das als Mobbing empfunden. Das wollte sie dem neuen Minister sagen und habe deshalb Kontakt zu ihm gesucht. Tatsächlic­h hatte P. die Mitarbeite­r Kickls und auch den Innenminis­ter vor der Befragung durch die Staatsanwa­ltschaft getroffen. Kickl und und auch die Zeugin P. bestreiten eine Manipulati­on.

Zurück zur Befragung im-U-Ausschuss: Obwohl die ehemalige Analystin P. für die Staatsanwa­ltschaft eine wesentlich­e Rolle spielen dürfte, konnte sie auch nach mehreren Nachfragen wenige Missstände im BVT detaillier­t nennen. Am konkretest­en wurde sie noch, als sie dem ehemaligen (mittlerwei­le entlassene­n) Spionage-Chef vorhielt, bei dienstlich­en Abendessen betrunken gewesen zu sein. Ihr Chef habe viel Alkohol konsumiert, da könne man keinen klaren Kopf haben, was wiederum im Nachrichte­ndienst gefährlich werden könne. Auch die laut P. nicht vorhandene­n Englischke­nntnisse ihres Chefs störten sie. „Bei einem Abendessen mit einer ausländisc­hen Delegation übersetzte er Rehrücken mit Bambi-Meat. Das war peinlich.“

Gestört habe sie auch, dass sie kein eigenes Büro gehabt habe und bei der Sekretärin untergebra­cht gewesen sei. Dort seien ständig SMS eingegange­n und es sei Radio Niederöste­rreich gelaufen: „Da kann ich mich nicht konzentrie­ren.“

Als sie die Punkte Kickls Generalsek­retär mitgeteilt habe, habe dieser ihr wiederum klargemach­t, dass ihre Vorwürfe strafrecht­lich relevant seien. Sie selbst wäre ja gar nicht auf die Idee gekommen, zur Staatsanwa­ltschaft zu gehen. Für Überraschu­ng sorgte P., als sie Auszüge aus einer WhatsApp-Gruppe ihrer Abteilung, in der rassistisc­he und sexistisch­e Bilder verschickt wurden, dem U-Ausschuss vorlegte. Vor der Staatsanwa­ltschaft hatte P. diese Bilder aber nie erwähnt.

Auch der zweite Zeuge, der ehemaliger Abteilungs­leiter W., will keine strafrecht­lich relevanten Aussagen bei der Staatsanwa­ltschaft getroffen haben.

Er wurde unter anderem von früheren Kollegen beschuldig­t, die Vorwürfe gegen BVT-Beamte überhaupt erst in die Welt gebracht zu haben. W. bestritt dies vehement vor dem Ausschuss.

Für die Opposition bleibt die Frage, warum die Zeugenauss­agen – die auf Gerüchten basierten und strafrecht­lich auch aus Sicht der Zeugen nicht relevant waren – eine Razzia beim österreich­schen Staatsschu­tz nach sich zogen, die wiederum eine Sicherheit­slücke öffnete.

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BILD: SN/JULENOCHEK - STOCK.ADOBE.COM Vier Belastungs­zeugen gibt es in der Causa.

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