Kassenreform hat viele Tücken
Der Hauptverband hegt eine Reihe verfassungsrechtlicher Bedenken.
Der im Zuge der Kassenfusionen vor seiner De-facto-Zertrümmerung stehende Hauptverband der Sozialversicherungsträger kann sich nicht vorstellen, dass die Reform so, wie sie Türkis-Blau durchziehen will, vor dem Verfassungsgerichtshof hält. 62 Seiten füllt seine nun vorgelegte Stellungnahme zum Regierungsentwurf. In 15 Punkten sieht man entweder die Selbstverwaltung ausgehebelt oder hegt andere verfassungsrechtliche Bedenken. Am Freitag endet die Begutachtungsfrist.
Rat hat sich der Hauptverband u. a. beim Salzburger Verfassungsrechtler Walter Berka geholt. Ihm ist insbesondere ein Dorn im Auge, dass die Beitragsprüfung künftig gänzlich zur Finanzverwaltung wandern und der zum Dachverband degradierte Hauptverband aber – wiewohl nicht mehr eingebunden – die Bescheide ausstellen soll . Bisher (genauer: seit der Sozialversicherungsreform 2003) teilen sich Hauptverband und Finanz die Prüfverfahren. Für Berka ist die Beitragsprüfung ein „zentrales Wesensmerkmal“der Selbstverwaltung. Sie zu „verstaatlichen“sei verfassungsrechtlich hoch problematisch. Und selbst wenn man das nicht so sehe (das Finanzministerium hat Expertisen eingeholt, die zum gegenteiligen Schluss kommen, Anm.) stelle sich die Frage, warum nur die Beitragsprüfung für die Versicherten der künftigen Österreichischen Gesundheitskasse (derzeit neun GKK) zur Staatsaufgabe werden soll, nicht aber für die Versicherten der künftigen Selbstständigen- (Gewerbetreibende plus Bauern) und der künftigen Staatsdienerkasse (Beamte plus Eisenbahner und der im Bergbau Beschäftigten). Berka: „Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz.“
Auch die künftige Parität in den Gremien, das deutlich erweiterte Aufsichtsrecht des Gesundheitsund des Finanzministeriums und die unklare Zuständigkeitsverteilung zwischen Gesundheitskasse und Dachverband sind aus Sicht Berkas verfassungsmäßig bedenklich.