Kanada legalisiert als zweites Land der Welt Cannabis
Privater Besitz und Konsum der Droge sind ab dem heutigen Mittwoch straffrei. Doch der Auftakt verläuft holprig.
Auf diesen Tag hat Chris Clay lang gewartet. Ab heute kann der Kanadier Cannabis privat konsumieren – und das ganz legal. Seit dem heutigen Mittwoch gibt Kanada als zweites Land weltweit nach Uruguay die Droge für den privaten Konsum frei. In den Niederlanden ist der Besitz nicht legal, er wird lediglich toleriert.
Für Kanada habe „eine neue Ära begonnen – und die Welt schaut hin“, meint Clay, der auf Vancouver Island lebt. Seit drei Jahren führt er dort einen Laden für Cannabisprodukte. Verkauft hat er seine Ware bislang vorwiegend an Schmerzpatienten, denn als Medizin ist die Droge seit sieben Jahren zugelassen. Patienten mussten dazu über 19 Jahre als sein und ein Rezept eines Arztes oder Heilpraktikers vorlegen.
Ab heute ist das nicht mehr nötig. Jetzt darf jeder volljährige Kanadier bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich führen und zum Teil in der Öffentlichkeit konsumieren. Auch Cannabisöle sind legal. Verarbeitete Produkte wie Cannabiskekse sollen in einem Jahr zulässig sein. Der Eigenanbau von bis zu vier Hanfpflanzen ist in den meisten Regionen des Landes grundsätzlich gestattet.
Kanadas liberaler Premierminister Justin Trudeau will mit der Legalisierung dem Schwarzmarkt die Grundlage entziehen. Mit dem im Juni verabschiedeten Gesetz haben die 13 kanadischen Provinzen und Territorien aber große Spielräume erhalten und können eigene Regeln erlassen. Québec und Manitoba etwa wollen keinen Eigenanbau erlauben. Das Mindestalter für den Konsum variiert zwischen 18 und 19 Jahren, auch der Vertrieb und Verkauf wird unterschiedlich geregelt. In manchen Regionen darf die Droge nur zu Hause konsumiert werden, nicht in der Öffentlichkeit.
Durch den Flickenteppich von Regeln verläuft der Auftakt zur Legalisierung holprig. „Das Durcheinander ist groß und das Angebot gering“, berichtet Clay. In der Provinz British Columbia mit knapp fünf Millionen Einwohnern etwa wird am Mittwoch nur ein einziger staatlicher Cannabisladen öffnen.
Der Rest der Region wird weiter von Hanfapotheken versorgt, die zum Teil noch illegal oder in einer rechtlichen Grauzone operieren. Viele legale Shops, wie der von Clay, müssen schließen – und auf eine neue Lizenz warten, die der neuen Gesetzgebung entspricht. „Das führt dazu, dass viele Patienten, die auf Cannabis angewiesen sind, mit leeren Händen dastehen“, sagt er.
Insgesamt rechnen die Behörden damit, dass in den nächsten Wochen und Monaten im ganzen Land etwas mehr als 100 legale Shops eröffnen werden. Kritiker halten das für zu wenig. Nach einer Studie der Universität vonn Waterloo werden die legalen Outlets im ersten Jahr nur 30 bis 60 Prozent des Markts abdecken können. Der illegale Mark wird also bestehen bleiben. Tatsächlich hält das Angebot an legalem Cannabis mit der Nachfrage nicht Schritt. Laut kanadischer Statistikbehörde wollen dieses Jahr rund 5,4 Millionen Kanadier Cannabis konsumieren – das sind rund 15 Prozent der Bevölkerung. Allerdings haben die Behörden bislang nur rund 120 legale Hersteller zugelassen und der Import nach Kanada bleibt weiterhin verboten.
Als Bumerang könnte sich auch die geplante Besteuerung erweisen. Noch hat die Regierung die staatlichen Verkaufspreise für legales Marihuana nicht veröffentlicht, allgemein aber wird mit einem Preis von rund zehn Dollar pro Gramm gerechnet. Dabei fallen pro Gramm auch rund ein Dollar Steuern an, was dem Staat insgesamt rund 400 Millionen Dollar im Jahr in die Kassen spülen wird.
Auf den Straßen der Großstädte allerdings ist die Droge derzeit bereits zwischen sieben und acht Dollar zu erhalten. Auch in Clays Shop auf Vancouver Island liegt der Preis in diesem Bereich. „Wenn Preis und Steuern zu hoch liegen, wird das den Schwarzmarkt befeuern und nicht beseitigen“, befürchtet er.
Das Angebot hinkt hinter der Nachfrage her