Journalistin stellte sich der Justiz in Istanbul
Die Deutsche Mesale Tolu verteidigte sich in der Türkei gegen Terrorvorwürfe. Einen Erfolg erzielte sie für ihren mitangeklagten Mann.
Sieben Monate saß Mesale Tolu wegen Terrorvorwürfen in türkischer Untersuchungshaft, zeitweilig mit ihrem zweijährigen Sohn. Acht weitere Monate durfte die deutsche Journalistin die Türkei nicht verlassen. Erst im August konnte sie in ihre Heimatstadt Ulm zurückkehren.
Trotz dieser traumatischen Erfahrung brachte die 33-Jährige den Mut auf, zur Fortsetzung ihres Prozesses wieder nach Istanbul zu fliegen. Die Entscheidung dazu hatte Tolu erst vor wenigen Tagen nach Beratung mit ihren Anwälten getroffen. Ihre Verteidiger gingen davon aus, dass kein Risiko einer erneuten Festnahme bestehe.
Am Dienstag saß Tolu dann im Justizpalast von Çağlayan auf der Anklagebank – neben ihrem Mann Suat Çorlu. „Ich fordere im Namen meines Mannes die Aufhebung der Ausreisesperre und unseren Freispruch“, sagte sie vor Gericht.
Ihr Ehemann ist im gleichen Prozess angeklagt und hatte bisher Ausreiseverbot. Vor allem seinetwegen reiste Tolu an. „Ich denke, dass die Chancen für meinen Mann damit erhöht werden“, hatte sie vor ihrem Abflug erklärt. Diese Hoffnung sollte sich erfüllen: Das Gericht hob die Ausreisesperre gegen Çorlu auf. Der Prozess wegen Terrorvorwürfen gegen das Paar wurde auf den 10. Jänner vertagt.
Tolu ist Ende April 2017 in Istanbul festgenommen worden. Sie arbeitete dort für die linksgerichtete Nachrichtenagentur Etha. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Verbindungen zur Terrorgruppe MLKP vor und fordert bis zu 20 Jahre Haft. Tolu bestreitet die Vorwürfe. Im Dezember 2017 wurde sie aus der Haft entlassen, im August hob das Gericht auch die Ausreisesperre auf.
Während am Dienstag gegen Tolu und Çorlu verhandelt wurde, erließ ein anderes Istanbuler Gericht einen internationalen Haftbefehl gegen Can Dündar, den früheren Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Dündar ging im Juli 2016 ins Exil nach Deutschland. Das Gericht schrieb ihn jetzt wegen Spionage zur Fahndung aus. Aus Deutschland droht Dündar zwar keine Auslieferung in die Türkei. Er muss nach dem Haftbefehl aber damit rechnen, bei Auslandsreisen festgenommen zu werden.
In der Türkei wurde Dündar 2016 wegen „Geheimnisverrats“zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er hatte Dokumente veröffentlicht, die Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Milizen in Syrien belegen.