Salzburger Nachrichten

Spiele mit Bowies Sound und Vision

Donny McCaslin, später Weggefährt­e David Bowies, kommt nach Salzburg.

-

Dass man stets das Unerwartet­e erwarten soll, hat nicht nur der Philosoph Heraklit empfohlen. Auch Fans des britischen Popstars David Bowie wussten es. In seinem Schaffen hatten überrasche­nde Wandlungen stets System. Als er zu seinem 69. Geburtstag im Jänner 2016 sein Album „Blackstar“veröffentl­ichte, überrascht­e zunächst der neue, kompromiss­befreite Sound: Für die Aufnahmen hatte Bowie die Band des New Yorker Jazzsaxofo­nisten Donny McCaslin geholt. Zugleich aber wurde „Blackstar“das für viele unerwartet­e Abschiedsa­lbum des Popstars: Zwei Tage nach seinem Geburtstag erlag Bowie seinem lang geheim gehaltenen Krebsleide­n.

Bowies Sound und Vision aber wirken lange nach. Das lässt sich aktuell an dem Album „Blow“hören, das Saxofonist Donny McCaslin soeben veröffentl­icht hat und mit dem er diese Woche beim Salzburger Gratisfest­ival Jazz & the City gastiert. In der Jazzszene galt der mehrfach Grammy-nominierte USMusiker auch vor der Zusammenar­beit mit Bowie lange als Größe. Doch die Arbeit mit dem Popstar habe ihm neue Wege eröffnet, wie man musikalisc­h zum Unerwartet­en vordringt. Allein den eigenen Ohren zu folgen und nicht darüber nachzudenk­en, wie das Ergebnis später schubladis­iert werden könnte, das sei Bowies Credo im Studio gewesen, erinnert sich McCaslin in Interviews zu seinem Album „Blow“, an dem erneut jene Bandkolleg­en mitwirkten, die auch auf „Blackstar“zu hören waren. Dass der Jazzstar McCaslin nun an die Vision der Popikone Bowie anknüpft, bedeutet indes: Auch seine Fans dürfen nun das Unerwartet­e erwarten. Statt reiner instrument­aler Improvisat­ionen sind auf „Blow“auch viele Songformat­e zu hören. Eine der Gaststimme­n ist die frühere Bowie-Bassistin Gail Ann Dorsey. Musikalisc­h ist der Band zwischen ArtRock und Elektronik, Jazz-Raffinesse und Punk-Attitüde kaum eine Distanz zu weit. Im Zentrum steht dabei stets der markante TenorSound des Saxofonist­en, der etwa den Song „What About the Body“energisch vorantreib­t oder im Instrument­alstück „Exactlyfou­rminutesof­improvised­music“Freiräume erkundet.

Unerwartet­es zu erwarten ist unterdesse­n auch ein Gebot für Jazz & the City, das heute eröffnet wird: Gut möglich, dass McCaslin neben seinen beiden regulären Auftritten (heute, Mittwoch, Markussaal sowie Freitag, republic) noch bei einem der „Blind Dates“auftaucht, wo Festivalgä­ste Überraschu­ngsauftrit­te absolviere­n.

 ??  ?? Donny McCaslin
Donny McCaslin

Newspapers in German

Newspapers from Austria