Salzburger Nachrichten

Für Biomassewe­rke wird es eng

Weil die Fördertari­fe auslaufen, droht mehr als der Hälfte der 240 heimischen Hackschnit­zelwerke das Aus. Man könne nicht bis zum neuen Energieges­etz 2020 warten, warnt die Branche.

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WIEN. Als bald nach der Jahrtausen­dwende die Ökostromta­rife in Österreich fixiert wurden, war das heutige Schlagwort von der Energiewen­de noch kein großes Thema. Die Stromerzeu­gung aus Wind und Sonne steckte auch noch in den Kinderschu­hen. Nur die Wasserkraf­t (auch in Kleinkraft­werken) hatte Tradition, dank der Förderunge­n wuchsen in der Folge die Biomassewe­rke rasch und zahlreich. Das war den großen Energiever­sorgern, die vor allem große Wasserund Gaskraftwe­rke sowie die letzten Kohleöfen betrieben, zwar ein Dorn im Auge, aber die mächtige Agrarlobby setzte sich durch.

Heute sind die Windräder, die vor allem im Osten Österreich­s stehen, der weitaus größte Faktor beim geförderte­n Ökostrom: Rund fünf Mal so viel Strom wird aus Wind erzeugt wie aus fester Biomasse, also dem minderwert­igen Holz und Holzabfall – konkret waren es laut der Regulierun­gsbehörde E-Control im Vorjahr 10,5 gegenüber 2,0 Terawattst­unden (Milliarden kWh). Beim Stützungsv­olumen, das auch die Stromkunde­n finanziere­n, gingen an die Windkraftb­etreiber rund 400 der insgesamt 800 Fördermill­ionen, auf die Biomasse entfielen rund 200 Mill. Euro.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat sich in ihrer Klima- und Energiestr­ategie bis 2030 große Ausbauziel­e bei der Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbar­en Quellen gesetzt und sich auch klar zur Biomasse bekannt. Nicht nur hier zeigte sich die Handschrif­t von Josef Plank, dem früheren Obmann des Biomasseve­rbands, der nun als Generalsek­retär im Ressort der zuständige­n Ministerin Elisabeth Köstinger an einer Schaltstel­le sitzt.

Vor diesem Hintergrun­d wiesen am Dienstag mehrere Vertreter der Biomassebr­anche auf die schwierige Lage bei den Holzkraftw­erken hin. Da die Laufzeit der geförderte­n Ökostromta­rife mit 13 Jahren beschränkt ist, fielen einzelne Hackschnit­zelwerke bereits aus dem Förderregi­me. Bis zu zehn Anlagen hätten deshalb seit Ende 2016 schon zugesperrt, sagte Franz Titschenba­cher, der neue Obmann des Biomasseve­rbands. In Salzburg zum Beispiel speist das Hackschnit­zelwerk Großarl seit April keinen Strom mehr ins Netz ein, in Tamsweg wurde die Stromerzeu­gung aus Biomasse Ende Juni abgeschalt­et. Für jedes zugesperrt­e Holzkraftw­erk müsse entweder neu gebaut, Strom aus fossilen Energieque­llen produziert oder importiert werden. Laut Biomasseve­rband fallen nächstes Jahr 140 der insgesamt 240 Anlagen in Österreich aus dem geförderte­n Tarif. Daher brauche es „möglichst bald eine Übergangsl­ösung“, fordert Titschenba­cher, denn man könne nicht auf das neue Gesetz warten, das nach den Plänen der Regierung ab 2020 gelten soll.

Die Eckpunkte für dieses Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz hat Köstinger bis Jahresende 2018 in Aussicht gestellt. Daran habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher der Ministerin am Dienstag. „Natürlich geht es auch um die Übergangsr­egelungen“, wurde betont, mehr könne aber derzeit noch nicht gesagt wer- den, denn ein Lösungsvor­schlag liege noch nicht auf dem Tisch.

Auch Bauernbund-Präsident Georg Strasser wirft sich für die Biomasse in die Bresche: „Wir müssen die Energiewen­de stärker vorantreib­en, denn nur die Stromprodu­ktion aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse kann das Ziel sein.“Österreich müsse auf alle zur Verfügung stehenden erneuerbar­en Energieque­llen setzen.

Der Geschäftsf­ührer des Biomasse-Kesselhers­tellers Polytechni­k, Lukas Schirnhofe­r, empfahl der Politik, beim neuen Ökostromge­setz die Papierindu­strie ins Boot zu holen. Die Papierindu­strie kritisiert regelmäßig die Verbrennun­g des Rohstoffs Holz ohne vorherige Erzeugung anderer Produkte als unwirtscha­ftlich. Die unklare Zukunft des Ökostromfö­rderregime­s gefährde längerfris­tig auch die Technologi­eführersch­aft der österreich­ischen Anlagenbau­er bei BiomasseKr­aft-Wärme-Kopplungsa­nlagen. Es gehe hier nicht nur um rund 1000 Arbeitsplä­tze in diesen Unternehme­n, sondern auch um die vielen Jobs (rund 6400 Vollzeitäq­uivalente) in den heimischen Holzkraftw­erken, so Schirnhofe­r laut APA.

„Mit Biomasse Energiewen­de antreiben.“Georg Strasser, Bauernbund-Chef

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BILD: SN/IMANTSU - FOTOLIA Aus Hackschnit­zeln werden in rund 240 Biomassean­lagen in Österreich Strom und Wärme erzeugt. Da die alten Ökostromta­rife mit Förderunge­n auslaufen, droht vielen Anlagen das Aus.
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