Wie der „Landdoktor“vom Einzelkämpfer zum Team wird
Darf ein Arzt in seiner Ordination einen anderen Arzt anstellen? Das war und ist umstritten. Jetzt ist erstmals ein Gesetzesentwurf in Begutachtung, der das möglich machen soll. Was bedeutet das für die Zukunft der Hausärzte?
Der „Landdoktor“, der 24 Stunden rund um die Uhr für die Menschen in seiner Gemeinde oder seinem Sprengel da ist, erscheint aus heutiger Sicht wie eine Idylle aus besseren Zeiten. Den aktuellen Anforderungen an die WorkLife-Balance von Ärztinnen und Ärzten, die sich als Allgemeinmediziner niederlassen wollen, entspricht diese Idylle nicht mehr. Sie brauchen im Sinne einer gedeihlichen Verbindung von persönlicher Lebensqualität und beruflichem Engagement neue Arbeitszeitmodelle. Immer mehr niedergelassene Ärzte suchen daher eine engere Zusammenarbeit mit Kollegen.
Das stieß und stößt unter den gegebenen rechtlichen Bestimmungen auf Schwierigkeiten. Denn die Definition der „ärztlichen Ordination“geht nach wie vor vom freiberuflichen Einzelkämpfer aus. Warum das so ist und warum es umstritten ist, wird am Donnerstag dieser Woche eines der großen Themen bei den Salzburger Sozial- und Medizinrechtstagen über die „Organisation guter Patientenversorgung – Anspruch und Wirklichkeit“an der Universität Salzburg sein.
Die „ärztliche Ordination“im Sinne des freiberuflichen Einzelkämpfers ist unter anderem damit begründet, dass die Patientinnen und Patienten freie Arztwahl haben sollen. Diese sei aber nur gegeben, wenn der Patient „seinen Doktor“in „seiner Ordination“aufsuchen und dabei sicher sein kann, dass ihn auch dieser behandelt – und nicht ein Kollege, der bei diesem angestellt ist. Die einzige Ausnahme, bei der ein Hausarzt einen zusätzlichen Arzt in seiner Ordination anstellen darf, ist die Tätigkeit von Turnusärzten im Rahmen ihrer Lehrpraxis. Generell jedoch ist das Anstellungsverbot derzeit der Punkt, durch den sich die „ärztliche Ordination“von Gruppenpraxen oder den neuen Primärversorgungszentren unterscheidet.
Nicht zuletzt geht es um die Abgrenzung zwischen „ärztlicher Ordination“und Ambulatorium oder Krankenhaus. Der Salzburger Sozialund Arbeitsrechtsexperte Konrad Grillberger weist auf eine wesentliche Unterscheidung durch den Verfassungsgerichtshof hin: In der Einzelordination liege die unmittelbare Verantwortung gegenüber dem Patienten beim behandelnden Arzt. Dagegen seien Ambulatorien bzw. Krankenanstalten durch die arbeitsteilige medizinische Dienstleistung geprägt. In der Einzelordination hat der Patient einen „Behandlungsvertrag“mit seinem Arzt, im Ambulatorium bzw. Spital besteht dieser Vertrag mit der Institution. Diese, nicht der einzelne dort tätige Arzt, ist dem Patienten verantwortlich.
Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte in ihrer Ordination einen weiteren Arzt im Umfang von maximal 40 Wochenstunden anstellen dürfen. In einer Gruppenpraxis dürfen zwei weitere Ärzte angestellt werden. Das entscheidend Neue an dem Gesetzesentwurf ist, dass der Ordinationsinhaber keine neue Rechtsform begründen muss, um einen zusätzlichen Kollegen oder eine Kollegin anstellen zu können. Er muss seine Ordination nicht in eine Gruppenpraxis in Form einer GmbH, einer OG oder eines Vereins umwandeln, sondern bleibt rechtlich sein eigener Herr in seiner Ordination.
Damit wird es für den bisherigen Einzelkämpfer wesentlich attraktiver, sich um eine Kollegin oder einen Kollegen umzusehen, der oder die bei ihm als Angestellte mitarbeitet. Das dürfte ein entscheidender Schritt dahin sein, dass der „Landdoktor“vom Einzelkämpfer zum medizinischen Versorgungsteam wird.
Der Ordinationsinhaber bleibt Herr im eigenen Haus
Salzburger Sozial- und Medizinrechtstage