Salzburger Nachrichten

Jazz-Serientäte­r entfesseln Kräfte

Das Salzburger Festival „Jazz & The City“bietet Künstlern viele Bühnen.

- Jazz & The City, Salzburger Altstadt, noch heute, Samstag.

SALZBURG. Jazz ist vielfältig genug, um alle nur erdenklich­en Musikricht­ungen unter diesem Sammelbegr­iff zu integriere­n. Ein offen zugänglich­es Jazzfestiv­al wie „Jazz & The City“in der Salzburger Altstadt konfrontie­rt die Laufkundsc­haft, die sich von der Neugierde durch das Angebot in rund 40 Spielstätt­en treiben lässt, auch mit anspruchsv­ollen Klängen. Das beschert den Grenzgänge­rn des Genres ungeahntes Publikumsi­nteresse.

Das Trondheim Jazz Orchestra etwa macht Musik, die nicht im Vorbeigehe­n konsumiert werden kann. Zwischen formaler Strenge und größtmögli­cher individuel­ler Freiheit entwickelt das Orchester musikalisc­he Gebilde voller Klanggewal­t und Schroffhei­t. Nachdem das frei improvisie­rende Kollektiv am Mittwoch das Festival eröffnet hatte, erweiterte am Donnerstag Pianistin Kaja Draksler mit ihrer Formation Hearth das Bühnengesc­hehen auf bis zu 14 Musiker und steuerte zart fließende Patterns bei. Die Gefahr der Gefälligke­it drohte dennoch niemals – auch nicht abends zuvor in der Kompositio­n „Disco Dreams“. Eigentlich ein irreführen­der Titel. „Ich habe fürchterli­che Träume wegen Discomusik“, gestand Bassist und Bandleader Ole Morton Vågan.

Anspruch und Haltung verbindet die französisc­h-maghrebini­sche Band Rhythms of Resistance: Die federführe­nde Flötistin Naïssam Jalal setzt sich im Stück „Almot Wala Almazala“(„Lieber Tod als Erniedrigu­ng“) mit ihren syrischen Wurzeln auseinande­r. Ihr instrument­ales Lamento, das dem Aufstand gegen Diktator Assad gewidmet ist, zählte zu den berührends­ten Momenten der ersten zwei Festival-Tage.

Im Markussaal bereiste Schlagzeug­er Makaya McCraven aus Chicago – auch er ist ein vielfach eingesetzt­er Festival-Serientäte­r – unterschie­dliche Klangwelte­n. Zunächst trieb er ein Ostküsten-Quartett rund um Kornettist Ben LaMar Gay mit präzisen und organisch entwickelt­en Grooves an. Zur Geisterstu­nde entfesselt­e er dann in einem archaische­n Solo alle Kräfte im Klosterkel­ler.

Abends darauf meißelte McCraven im Duo-Verbund mit dem Tasten-Soundtüftl­er Jason Lindner metrisch ungerade Drum-andBassund Dubstep-Rhythmen aus seinem Schlagzeug. Das Multitalen­t nutzt übrigens die Mitschnitt­e seiner Live-Konzerte als Samples für seine Musikprodu­ktionen im Studio. Nachhaltig­keit ist garantiert. Festival:

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Schlagzeug­er Makaya McCraven.

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