Salzburger Nachrichten

China greift in die US-Portokasse. Da geht bei Trump die Post ab.

Die USA haben recht, wenn sie dagegen Sturm laufen, dass China die Welt mit Billigware überschwem­mt und dabei noch Porto spart.

- WWW.SN.AT/WIENS

Auf der wirtschaft­spolitisch­en Agenda steht die Angst vor Währungs- und Handelskri­egen seit Monaten ganz oben. An beiden Fronten wechseln Licht und Schatten in rascher Abfolge. Was das Verhältnis des US-Dollar zum Yuan angeht, hat sich die Lage zuletzt etwas entspannt. Zwar hat der Yuan seit April neun Prozent gegenüber dem Dollar eingebüßt und das US-Finanzmini­sterium erwartet, dass sich das Handelsdef­izit dadurch vergrößern wird. Dennoch sah es davon ab, den Herren in Peking die Manipulati­on ihrer Währung vorzuwerfe­n.

Im Handel baut sich hingegen der nächste Konflikt zwischen den beiden Großmächte­n auf. US-Präsident Donald Trump hat angekündig­t, man werde sich aus Verträgen zurückzieh­en, die die Verrechnun­g zwischen Postuntern­ehmen regeln. In dem 1874 geschlosse­nen Abkommen wurden 1969 Entwicklun­gsländer gegenüber wohlhabend­en Staaten bessergest­ellt. Das führt dazu, dass Postuntern­ehmen in reichen Staaten jene aus armen Ländern subvention­ieren, darunter auch China. In Zeiten des boomenden Online-Handels stellen Landesgren­zen für Käufer und Lieferante­n keine Hürden mehr dar, was China weidlich ausnutzt. In Online-Shops gekaufte Ware kann durch die bevorzugte­n Tarife von Peking billiger nach New York geliefert werden als von San Francisco in den Big Apple. Auch in Großbritan­nien fährt China Post der Royal Mail um die Ohren.

Pessimiste­n reden bereits von einem heraufzieh­enden Postkrieg. Damit haben beide Länder Erfahrunge­n gemacht. Die USA lagen vor rund einem Jahrhunder­t mit ihrem Nachbarn Mexiko im Streit über postalisch­e Sendungen. Als die USA 1914 für einige Monate Veracruz besetzten, akzeptiert­e Mexiko von dort kommende und mit US-Marken frankierte Poststücke nicht mehr und hob eine Nachgebühr ein. Die USA gaben nach und ließen auch mexikanisc­he Marken zu. China wiederum focht in den 1920er- und 1930er-Jahren mit der Mongolisch­en Volksrepub­lik und mit dem von Japan vorübergeh­end in der Mandschure­i errichtete­n Kaiserreic­h einen Streit über das ordnungsge­mäße Frankieren der Post aus. Jahrzehnte später ficht man wieder darum, wer wem in die Portokasse greifen darf. Dabei geht es zwar nur um kleine Sendungen bis zu zwei Kilogramm Gewicht, aber um große Beträge.

Völlig unabhängig von Trumps erratische­r Handelspol­itik wird sich die Staatsführ­ung in Peking entscheide­n müssen, welche Rolle man in der Weltwirtsc­haft spielen will. Man kann nicht weiter Privilegie­n eines Schwellenl­andes in Anspruch nehmen und gleichzeit­ig darauf pochen, von den Handelspar­tnern den Status einer Marktwirts­chaft zuerkannt zu bekommen. Bis das geklärt ist, muss man dem chinesisch­en Imperialis­mus auch Grenzen setzen.

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Richard Wiens

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