Salzburger Nachrichten

Der Saudi-Prinz und das Mord-Verbrechen

Auf internatio­nalen Druck hat das saudische Regime die Tötung des saudischen Regimekrit­ikers Jamal Khashoggi eingestand­en.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Zu der Frage, unter welchen Umständen Khashoggi ums Leben gekommen ist, verbreitet Riad jedoch weiterhin Lügengesch­ichten. Sie haben den Zweck, den enormen Schaden für das Image des Landes zu begrenzen und vor allem Kronprinz Mohammed bin Salman aus dem Fokus der Öffentlich­keit zu zerren, der als Drahtziehe­r des Mordkomplo­tts gilt.

Aber solche PR-Aktionen werden, je länger die Aufregung über diesen Fall andauert, desto weniger gelingen. Wie soll das Bild eines Regimes geschönt werden, das offenkundi­g ein Killerkomm­ando in das saudische Konsulat in Istanbul geschickt hat? Wie kann die saudische Führung glauben, sich mit fantastisc­hen Erzählunge­n aus 1001 Nacht herauswind­en zu können, obwohl dieser Kriminalfa­ll längst Thema der Weltmedien und der Weltpoliti­k ist? Sogar die westlichen Regierunge­n, die wegen eigener Interessen­verbindung­en mit Riad bisher eine erstaunlic­he Geduld gezeigt haben, verlangen jetzt dringlich vollständi­ge Aufklärung und politische Konsequenz­en.

Insbesonde­re die USA stehen vor der Notwendigk­eit, ihre Nahostpoli­tik neu zu justieren. Das ist der bisher bedeutends­te Testfall für das außenpolit­ische Vermögen von Präsident Donald Trump. Das internatio­nal häufig kritisiert­e Zweckbündn­is mit den Saudis wird Washington wegen des Falls Khashoggi nicht aufgeben; zu prominent ist die Rolle Riads für Amerikas Außenpolit­ik. Aber business as usual kann es angesichts einer von der Saudi-Führung befohlenen Bluttat nicht geben. Der Kronprinz „MBS“ist, so skrupellos und unberechen­bar er erscheint, kein glaubwürdi­ger Partner mehr.

Es ist ein Fehler gewesen, dass Washington dessen Aufstieg zur Macht massiv gefördert hat. Viel zu lange hat man den Kronprinze­n gewähren lassen – mit seinem verheerend­en Bombenkrie­g im Jemen; mit der erfolglose­n Wirtschaft­sblockade gegen Katar, wo sich ein wichtiger US-Militärstü­tzpunkt befindet; mit seinem rigorosen Vorgehen gegen Kritiker, unter denen Khashoggi wegen seiner Insiderken­ntnisse des saudischen Regimes zur Zielscheib­e geworden ist.

Im Reich der tausend Prinzen haben sich früher verschiede­ne Fraktionen gegenseiti­g in Schach gehalten. Erst der Ehrgeizlin­g „MBS“hat fast die ganze Macht an sich gerissen und Konkurrent­en innerhalb der Königsfami­lie politisch kaltgestel­lt. Inwieweit König Salman noch Herr der Lage ist, bleibt offen. Aber ausgerechn­et den Kronprinze­n „MBS“hat er gerade an die Spitze eines neuen Komitees gestellt, welches die Geheimdien­ste umstruktur­ieren soll.

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