Pionier packt Nudeln in Papier statt Plastik
Österreichs zweitgrößter Nudelhersteller geht einen weiteren Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Teigwaren kommen nicht mehr in Kunststoff.
GÜSSING. Kurze Wege, heimische Rohstoffe und eine möglichst klimaschonende Produktion – diese Ziele verfolgt Joachim Wolf seit Langem. Der 56-Jährige führt in Güssing im Südburgenland in dritter Generation den gleichnamigen Nudelhersteller – hinter Recheis aus Hall in Tirol der größte im Land.
Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen einen weiteren Schritt gemacht, der auch für die Konsumenten sichtbar ist. Wolf verpackt seine Teigwaren nicht mehr in herkömmlichen Kunststofffolien, sondern in Papier. „Wir haben den weltweit ersten Nudelbeutel aus Papier und die Verpackungsmaschine dafür in den vergangenen zwei Jahren mitentwickelt. Der Probebetrieb war bei uns in Güssing“, erzählt Wolf stolz. Die Verpackung kann nicht nur recycelt werden, sie ist auch biologisch abbaubar.
Die Vorgeschichte reicht aber noch viel weiter zurück und führt nach Schweden. Der Papierhersteller BillerudKorsnäs tüftelt seit mehr als zehn Jahren an der Papierverpackung für trockene Lebensmittel. Das Papier muss dafür besonders reißfest sein, Nudelecken dürfen den Beutel nicht einfach durchstoßen. Fachleute sprechen von der Dehnung, sie muss laut Wolf fünf Prozent betragen, damit der Papierbogen auf einer Umlenkrolle der Verpackungsmaschine nicht reißt. Damit das Papier eine solche Beanspruchung übersteht, sind sehr lange Fasern nötig.
„Wir verwenden derzeit Papier, das 100 Gramm pro Quadratmeter wiegt, aber wir werden das künftig sicher auch mit 80-Gramm-Papier schaffen“, sagt Wolf. Das Ziel sei die Verwendung von 70-Gramm-Papier, um mehr Rohstoff zu sparen. Immerhin geht es um 70 bis 100 Tonnen Material im Jahr. Eine weitere Herausforderung sei das exakte Verkleben der Beutel. Beim Aufbringen des Siegelmaterials bei 140 Grad Celsius komme es auf die exakte Steuerung von Druck, Temperatur und Zeit an. Derzeit schafft Wolf mit der Papierverpackung 45 Beutel pro Minute, bei Plastikfolien geht es etwa doppelt so schnell.
Vorerst hat man die Abfüllung von neun der rund 60 verschiedenen Nudelsorten von Kunststofffolien auf Papier umgestellt. „Wir stellen aber alles um“, sagt Joachim Wolf, der gelernter Bäcker ist. Innerhalb eines Jahres will er das erreichen. Den Anfang machen so gefragte Sorten wie Bandnudeln, Fadennudeln, Hörnchen, Fleckerl, Spiralnudeln, Farfalle und Penne in 500-Gramm-Beuteln.
Die Ökoverpackung ist bei Wolf nur das jüngste äußerliche Zeichen dafür, dass die Firma Wert auf möglichst CO2-neutrale Produktion legt. Schon seit 2010 verfügt der Nudelhersteller über eine eigene Biogasanlage, die aus dem Hühnermist des eigenen Stalls und Grassilage die Energie für Strom- und Wärmebedarf der Nudelfabrik liefert. Dieses Projekt hatte noch Wolfs Vater begonnen. „Wir sind autark und CO2neutral in der Produktion“, betont Wolf. „Treibstoff brauchen wir nur zum Ernten und zum Anpflanzen.“
Wolf baut auf 150 Hektar (davon 120 gepachtet) Mais und Getreide
„Papier statt Plastik war eine Vision.“Joachim Wolf, Nudelhersteller
an und hält 30.000 Hühner in Bodenhaltung. Damit wird der Großteil der Zutaten für die Eierteigwaren selbst produziert. Die Aufzucht von 10.000 Legehennen gehört ebenfalls dazu. Der Hartweizengrieß für die Pasta kommt aus dem Südburgenland und dem Weinviertel in Niederösterreich.
Er habe auch lang überlegt, Stärkefolien oder ähnliche Materialien einzusetzen, dank der Zusammenarbeit mit BillerudKorsnäs und dem deutschen Technologiekonzern Bosch habe man aber die Papierlösung erreicht. „Wir haben nun mindestens ein Jahr Vorsprung“, sagt Wolf in Richtung der Mitbewerber. Ein Dorn im Auge sind dem Lebensmittelfabrikanten dabei Papierverpackungen, die innen mit Kunststofffolien beschichtet sind. „Das sind richtige Mogelpackungen“, denn die könnten nicht recycelt werden, sagt der Güssinger Unternehmer.
Wolf setzt mit rund 100 Mitarbeitern etwa 13,5 Millionen Euro im Jahr um. Das Unternehmen ist mehr als 100 Jahre alt und war ursprünglich eine Bäckerei (heute gibt es acht Filialen). Seit 1956 werden auch Nudeln erzeugt – pro Jahr sind es mehr als 5500 Tonnen. Davon entfallen knapp zwei Drittel auf die eigene Marke, der Rest ist Handelsware.