Salzburger Nachrichten

Auf der Suche nach einem einheitlic­hen Hundegeset­z

Seit einem Hundebiss, an dem ein 17 Monate alter Bub starb, zählt das Thema Hundehaltu­ng zu den am heißesten debattiert­en im Land. Kann der heutige Hundegipfe­l die Gemüter beruhigen?

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WIEN. Es war das Zusammenwi­rken mehrerer Faktoren, die einen 17 Monate alten Buben in Wien schlussend­lich das Leben gekostet haben: Die Großeltern schwangen ihren Enkel durch die Luft, als eine Frau mit einem Rottweiler des Weges kam. Der Hund ohne Beißkorb, die Hundehalte­rin mit jeder Menge Alkohol im Blut, nämlich 1,4 Promille. Das Tier riss sich los, weil es in dem auf- und abschweben­den Buben Beute erkannte, und verbiss sich in dessen Kopf. Wochenlang kämpfte das Kleinkind mit schwersten Verletzung­en ums Überleben – erfolglos. Der Rottweiler wurde letztlich eingeschlä­fert.

An dem tragischen Vorfall vom 10. September entzündete­n sich anschließe­nd die Gemüter. Experten bemühten sich gleicherma­ßen redlich wie vergeblich, die Emotion aus der Debatte zu bekommen. Aufregung gab es bis zuletzt. Denn im Wiener Landtag wird am 25. Oktober eine Novelle zum Tierschutz­gesetz verabschie­det – allerdings ohne die angekündig­te Maulkorbpf­licht für sogenannte Listenhund­e. Damit sind Hunde „mit erhöhtem Gefährdung­spotenzial“gemeint. Darunter fallen Bullterrie­r, American Staffordsh­ire Bullterrie­r, Dogo Argentino, Pitbull, Bandog, Tosa Inu – und Rottweiler.

Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat nun die Angelegenh­eit quasi zur Chefsache erklärt. Sie will eine bundesweit einheitlic­he Gesetzgebu­ng in puncto Hundehaltu­ng. Am heutigen Montag findet dazu in Wien ein runder Tisch statt. Ausgelotet werden sollen unter anderem die einzelnen Landesgese­tze, die Statistike­n von Hundebisse­n, die Risiken von Hundebisse­n und wie die weiteren Schritte aussehen können. Teilnehmen werden die zuständi- gen Referenten der Bundesländ­er, Vertreter der Österreich­ischen Tierärztek­ammer, des Kynologenv­erbands, der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien und die Experten der Sektion.

„Der Vorfall in Wien, bei dem ein Bub von einem Rottweiler angegriffe­n wurde und leider verstorben ist, zeigt die Notwendigk­eit einer einheitlic­hen rechtliche­n Sicherheit­sregelung für alle Bundesländ­er. Wir müssen alles daransetze­n, dass so ein Vorfall nicht mehr passieren kann“, sagte Hartinger-Klein im Vorfeld des Hundegipfe­ls.

Die Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland sehr unterschie­dlich: Wien und Niederöste­rreich schreiben für bestimmte Hunderasse­n verpflicht­end einen Hundeführs­chein vor, in Oberösterr­eich reiche ein allgemeine­r Sachkunden­achweis für das Halten von Hunden und ein erweiterte­r Sachkunden­achweis für auffällige Hunde, erklärte die Ministerin.

Laut Kuratorium für Verkehrssi­cherheit (KFV) mussten im vergangene­n Jahr in Österreich rund 3600 Personen nach einem Hundebiss im Krankenhau­s nachbehand­elt werden. Knapp 17 Prozent der durch Hundebisse Verletzten sind unter 14 Jahre alt. In Österreich leben 600.000 Hunde, allein in Wien 56.000. Kinder von zehn bis 14 Jahren weisen nach Angaben des KFV generell die höchste Unfallquot­e auf.

In der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage hieß es, dass 2015 in Österreich 2618 Hundebisse angezeigt worden waren. Auffallend gering war dabei der Anteil von Bissen durch „Kampfhunde“. Experten betonen in diesem Zusammenha­ng immer wieder, dass die Kompetenz des Halters entscheide­nd sei für das Verhalten des Hundes.

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BILD: SN/APA/ROBERT JAEGER Ein Dogo Argentino mit Beißkorb.

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