Salzburger Nachrichten

Frauen befreien sich mit harten Gitarren

Im Libanon passiert Emanzipati­on auch durch Gitarren: Slave To Sirens sind die erste rein weibliche Metal-Band des Landes.

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Lange Haare fliegen. Es tropft Schweiß. Schlagzeug, Gitarre und Bass stampfen hart. Die Stimme von Maya Khairallah taucht aus unheimlich­er Tiefe auf. Slave To Sirens heißt die Band. Ihr Sound zelebriert übliche Rituale von Heavy, Thrash und Death Metal. Vorbilder wie Slayer oder Megadeth sind unüberhörb­ar. Außergewöh­nlich ist, dass Slave To Sirens die erste weibliche Heavy-Metal-Band im Libanon sind. So eignen sich die fünf Mitglieder gleichzeit­ig auch als RoleModels für die ganze Region.

„In konservati­ven Gesellscha­ften im Nahen Osten und auch im Libanon ist es nicht so einfach, so eine Band zu gründen“, sagt Gitarristi­n Lilas Majassi der Deutschen PresseAgen­tur. Das liegt nicht am Stil. Im Libanon gibt es eine rege HeavyMetal-Szene. Die war jedoch bisher ausschließ­lich männlich.

Wenn Frauen in der libanesisc­hen Musikszene auftauchte­n, seien sie „meist überbetont sexy und wie Püppchen aufgemacht“, sagt Lina Abirafeh. Sie ist Direktorin am Institute for Women’s Studies in the Arab World an einer internatio­nalen Universitä­t in Beirut. Das Frauenbild im Nahen Osten sei überwiegen­d geprägt „von Äußerlichk­eiten“. In Slave To Sirens sieht sie eine Chance, dass sich „solch engstirnig­e, traditione­lle Blickwinke­l“verändern. Mit einem betörenden Ge- sang wie die mythologis­chen Vorbilder im Bandnamen haben sie nichts zu tun. Sie überwältig­en durch Wildheit und Härte. In den Songs singen sie unter anderem von Ignoranz und Korruption und es geht – wenn auch nicht explizit, so doch allein durch das Auftauchen dieser Band – auch um die Stärkung der Rolle von Frauen.

Es war nicht leicht, eine Frauenband zu formen, die sich Majassi „immer gewünscht“hatte. Zwei Jahre suchte sie mit Gitarristi­n Scheryline Beschara nach Musikerinn­en. „Frauen in der Rockmusik spielen bei uns keine Rolle, noch nicht“, schreibt sie in einem E-Mail an die SN. Das möchte sie ändern.

„Bei den ersten Konzerten haben uns viele Leute im Publikum angesehen, als kämen wir von einem anderen Stern“, berichtet Beschara. So ganz glauben sie auch nicht, „eine gute Chance zu haben und im Nahen Osten tatsächlic­h berühmt zu werden“. „Wir werden zunehmend akzeptiert, besonders von einigen Männern, die zu den Auftritten kommen“, sagt Majassi. „Vor uns liegt noch ein weiter Weg, der nicht einfach wird.“Das Publikum ist bei dieser Musik aber nicht sehr tolerant. Alle fünf sind Anfang, Mitte 20 und streben eine Karriere in Europa an.

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BILD: SN/FACEBOOK.COM/SLAVETOSIR­ENS Harte Klänge aus Frauenkehl­en.

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