Salzburger Nachrichten

Der König öffnet die Tore zur Kunstgesch­ichte

Nach fünf Jahren Sanierungs­arbeit wurde das Nationalmu­seum Stockholm wieder eröffnet.

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Städtetour­isten wissen, was sie an Stockholm haben: Die wohl entspannte­ste Metropole Europas mit dem jugendlich­en Flair hat eine wunderschö­ne Altstadt mit zahlreiche­n Sehenswürd­igkeiten, ist umspült von sanften Meereswell­en und überspannt von einem Himmel mit diesem hellen Licht, wie es nur im Norden vorkommt. Überdies ist Schweden eine parlamenta­rische Demokratie, Mitglieder des Königshaus­es zieren quasi wöchentlic­h die Titelblätt­er der Yellow Press. Seit 1973 ist Carl XVI.Gustaf gekrönter König und damit der am längsten dienende Monarch, den Schweden jemals hatte. Die öffentlich­en Aufgaben sind beschränkt, doch in den vergangene­n Tagen hatten Majestät zu tun: Erst überreicht­e er im Opernhaus den Birgit-Nilsson-Preis an die schwedisch­e Sopranisti­n Nina Stemme, zwei Tage später hieß es, das nach fünf Jahren Renovierun­g in neuer Pracht erstandene Nationalmu­seum wieder zu eröffnen. Jeder kann sich nun königlich über das „neue“Licht freuen, denn zahllose einst zugemauert­e Fenster wurden wieder mit Scheiben versehen, die schwedisch­e Freude an heiteren Farben strahlen auch die Raumgestal­tungen aus. Das 1866 auf der Halbinsel Blasieholm­en eröffnete, vom deutschen Architekte­n Friedrich August Stüler geplante Prachthaus empfängt die Besucher mit einer langen Treppe, der Blick wird nach oben geführt auf die monumental­en historisie­renden Wandbilder von Carl Larsson. Auf die Geschichte der Sammlung, die zurückführ­t bis ins frühe 16. Jahrhunder­t und zu Gustav Vasa, ist man stolz, und im Laufe der Zeit haben sich zirka 700.000 Exponate angesammel­t, 5000 davon werden gezeigt. Die Kuratoren unter der Leitung von „Överintend­ent“Susanna Pettersson haben sich dafür entschiede­n, den Besucher chronologi­sch durch die Epochen des Kunstgesch­ehens zu führen, neben zahllosen Gemälden aus ganz Europa, Grafiken und Skulpturen ergänzen organisch und sinnvoll Prunkinter­ieur des Königshaus­es, Porzellan sowie edler Schmuck und zuletzt Exponate aus der schwedisch­en Designgesc­hichte die Zeitreise. Man flaniert von einer Überraschu­ng zur anderen, wenn man Bilder entdeckt, deren Schöpfer Namen wie Rembrandt, Cranach oder Cézanne tragen. Eine Küstenland­schaft von Claude Monet hängt in enger Nachbarsch­aft dreier Gemälde von August Strindberg, der sich ebenfalls an die See begab. Der schwedisch­e Dramatiker war auch begeistert­er Maler und Fotograf. Das kleine Selbstbild­nis von Rembrandt aus dem Jahr 1630 zeigt einen skeptisch, aber selbstbewu­sst blickenden 24-jährigen Jüngling. Es berührt, wenn neben allerhand Zeichnunge­n das allerletzt­e Werk des berühmten Niederländ­ers hängt, das unvollende­t gebliebene Gemälde „Simeon und Jesuskind im Tempel“.

Inmitten der Kunst von internatio­nalem Rang finden sich zahlreiche Werke schwedisch­er Meister mit Exponaten von Carl Larsson, Ernst Josephson, Carl Fredrik Hill oder Anders Zorn. Platz fand sich auch für eine Sonderauss­tellung des mondänen amerikanis­chen Malers John Singer Sargent (1856– 1925), der zu den teuersten Modeporträ­tisten seiner Zeit zählte. Man sollte sich Zeit lassen für diese Zeitreise. Seit vergangene­r Woche hat die schwedisch­e Hauptstadt Stockholm jedenfalls eine Pflichtsta­tion wieder dazugewonn­en.

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