Salzburger Nachrichten

Österreich liegt bei Morden an Frauen in der EU ganz vorn

Mord in Zell am See, Mordversuc­h in Krems: In beiden Fällen waren Frauen die Opfer. Laut den Aufzeichnu­ngen von Eurostat und Bundeskrim­inalamt ist das kein Zufall.

- ANDREAS TRÖSCHER

WIEN, KREMS. Keine 36 Stunden nachdem in Zell am See (Pinzgau) eine 20-jährige Frau erschossen worden war, wurde Montag früh in Rohrendorf bei Krems (Niederöste­rreich) eine 49-Jährige von ihrem Ehemann niedergest­ochen. Sie schwebte vorerst in Lebensgefa­hr. Dass die Opfer in beiden Fällen weiblich sind, ist offenbar keine zufällige Häufung. Zumindest nicht, wenn es nach dem europäisch­en Statistika­mt Eurostat geht. Demnach ist der Frauenante­il bei umgebracht­en Menschen in keinem anderen EU-Land so hoch wie in Österreich.

Laut Bundeskrim­inalamt wurden 2017 insgesamt 68 Menschen ermordet. 39 davon waren Frauen. Umgekehrt ist es bei den Tätern. Von 68 Morden wurden 57 von Männern begangen.

Dass das Vorjahr in puncto hohem Frauenante­il bei Ermordeten kein „Ausreißer“war, verdeutlic­hen die Jahre davor. 2016 zeichnet die Kriminalst­atistik ein ganz ähnliches Bild: Von 53 Morden wurden 30 an Frauen begangen. 46 Täter waren männlich. Bis auf das Jahr 2015, wo mehr Männer (24) als Frauen (18) ermordet worden waren, lag der Frauenante­il bei Tötungsdel­ikten bis inklusive 2010 stets über jenem der Männer. Interessan­tes Detail am Rande: Bei Mordversuc­hen ist die männliche Opferzahl in diesem Zeitraum immer größer als die weibliche. Das Bundeskrim­inalamt hat auch erhoben, in welchem Verhältnis Täter und Opfer standen. 2017 etwa, wo 210 Mordversuc­he – inklusive Vollendung der Tat – ermittelt worden waren, lag „familiäre Beziehung in Hausgemein­schaft“mit 65 an der Spitze.

In 56 Fällen gab es keinerlei Beziehung zwischen Tatverdäch­tigen und Opfer, in 49 Fällen waren sie einander bekannt. Trauriger Beleg für diese Resultate ist die jüngste Bluttat in Rohrendorf bei Krems. Als tatverdäch­tig gilt der 50-jährige Ehemann des 49-jährigen Opfers. Er soll in den frühen Morgenstun­den des Montags mit einem Messer mehrere Male im Halsbereic­h der Frau zugestoche­n haben. Der Mann verständig­te selbst die Einsatzkrä­fte, wurde vor dem Haus festgenomm­en und anschließe­nd vernommen. Das Motiv blieb trotzdem unklar.

Das Magazin „kripo.at“der Vereinigun­g Kriminaldi­enst Österreich nahm sich der Berechnung­en von Eurostat im Detail an. Darin heißt es, dass 2015 in den 28 EU-Staaten sowie Island, Liechtenst­ein, Norwegen, Schweiz, Serbien und Türkei insgesamt 3583 Menschen „tätlichen Angriffen“zum Opfer gefallen seien. Vorwiegend seien diese männlich gewesen, nämlich 2276 – gegenüber 1304 durch fremde Hand getötete Frauen.

Selbst in Lettland, mit 5,1 Tötungsdel­ikten pro 100.000 Einwohnern Spitzenrei­ter der Häufigkeit­sRangliste, lag das Verhältnis getöteter Frauen zu Männern bei 30 zu 71. Neben Österreich wurden 2015 nur in Slowenien und Norwegen mehr Frauen als Männer umgebracht.

Frauenante­il bei Morden fast jedes Jahr höher

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BILD: SN/FOTOLIA Viele Opfer wohnen mit den Tätern unter einem Dach.

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