Österreich liegt bei Morden an Frauen in der EU ganz vorn
Mord in Zell am See, Mordversuch in Krems: In beiden Fällen waren Frauen die Opfer. Laut den Aufzeichnungen von Eurostat und Bundeskriminalamt ist das kein Zufall.
WIEN, KREMS. Keine 36 Stunden nachdem in Zell am See (Pinzgau) eine 20-jährige Frau erschossen worden war, wurde Montag früh in Rohrendorf bei Krems (Niederösterreich) eine 49-Jährige von ihrem Ehemann niedergestochen. Sie schwebte vorerst in Lebensgefahr. Dass die Opfer in beiden Fällen weiblich sind, ist offenbar keine zufällige Häufung. Zumindest nicht, wenn es nach dem europäischen Statistikamt Eurostat geht. Demnach ist der Frauenanteil bei umgebrachten Menschen in keinem anderen EU-Land so hoch wie in Österreich.
Laut Bundeskriminalamt wurden 2017 insgesamt 68 Menschen ermordet. 39 davon waren Frauen. Umgekehrt ist es bei den Tätern. Von 68 Morden wurden 57 von Männern begangen.
Dass das Vorjahr in puncto hohem Frauenanteil bei Ermordeten kein „Ausreißer“war, verdeutlichen die Jahre davor. 2016 zeichnet die Kriminalstatistik ein ganz ähnliches Bild: Von 53 Morden wurden 30 an Frauen begangen. 46 Täter waren männlich. Bis auf das Jahr 2015, wo mehr Männer (24) als Frauen (18) ermordet worden waren, lag der Frauenanteil bei Tötungsdelikten bis inklusive 2010 stets über jenem der Männer. Interessantes Detail am Rande: Bei Mordversuchen ist die männliche Opferzahl in diesem Zeitraum immer größer als die weibliche. Das Bundeskriminalamt hat auch erhoben, in welchem Verhältnis Täter und Opfer standen. 2017 etwa, wo 210 Mordversuche – inklusive Vollendung der Tat – ermittelt worden waren, lag „familiäre Beziehung in Hausgemeinschaft“mit 65 an der Spitze.
In 56 Fällen gab es keinerlei Beziehung zwischen Tatverdächtigen und Opfer, in 49 Fällen waren sie einander bekannt. Trauriger Beleg für diese Resultate ist die jüngste Bluttat in Rohrendorf bei Krems. Als tatverdächtig gilt der 50-jährige Ehemann des 49-jährigen Opfers. Er soll in den frühen Morgenstunden des Montags mit einem Messer mehrere Male im Halsbereich der Frau zugestochen haben. Der Mann verständigte selbst die Einsatzkräfte, wurde vor dem Haus festgenommen und anschließend vernommen. Das Motiv blieb trotzdem unklar.
Das Magazin „kripo.at“der Vereinigung Kriminaldienst Österreich nahm sich der Berechnungen von Eurostat im Detail an. Darin heißt es, dass 2015 in den 28 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz, Serbien und Türkei insgesamt 3583 Menschen „tätlichen Angriffen“zum Opfer gefallen seien. Vorwiegend seien diese männlich gewesen, nämlich 2276 – gegenüber 1304 durch fremde Hand getötete Frauen.
Selbst in Lettland, mit 5,1 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohnern Spitzenreiter der HäufigkeitsRangliste, lag das Verhältnis getöteter Frauen zu Männern bei 30 zu 71. Neben Österreich wurden 2015 nur in Slowenien und Norwegen mehr Frauen als Männer umgebracht.
Frauenanteil bei Morden fast jedes Jahr höher