Salzburger Nachrichten

Ein Leitfaden zum Wohl des Wettbewerb­s

Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde macht Unternehme­n präventiv darauf aufmerksam, wo sie einen Missbrauch von Marktmacht ortet.

- RICHARD WIENS

WIEN. Bäuerliche Familienbe­triebe vor der Übermacht von Verarbeite­rn und Händlern zu schützen ist Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger ein großes Anliegen. Daher drückt sie bei der EU-Richtlinie gegen unlautere Geschäftsp­raktiken aufs Tempo, gern würde sie diese noch in der österreich­ischen Präsidents­chaft „politisch abschließe­n“. Sie hoffe, dass das EU-Parlament noch diese Woche ein Mandat für Verhandlun­gen mit Kommission und Rat erteilt, sagte Köstinger am Montag. Und sie nimmt Vertretern im Lebensmitt­eleinzelha­ndel – zuletzt hatte sich Spar-Chef Gerhard Drexel lautstark zu Wort gemeldet – die Sorge vor überschieß­enden Regelungen. Ein Antrag einiger deutscher EU-Parlamenta­rier, wonach es dem Handel nicht mehr möglich sein soll, bei Eigenmarke­n von Produzente­n höhere als die gesetzlich normierten Umweltschu­tzund Tierwohlst­andards zu verlangen, decke sich nicht mit dem Mandat der Minister. „Das werden wir herausverh­andeln“, sagte die Ministerin. Für sie sei das der falsche Ansatz, man sollte nach höheren Standards streben, „allerdings sollte der Handel dafür auch bezahlen“.

Das sei eben leider oft nicht der Fall, sagte Köstinger. Beschwerde­n gebe es auch über einseitige rückwirken­de Änderungen in Verträgen, das betreffe vereinbart­e Preise, Liefermeng­en und -fristen oder die unfreiwill­ige finanziell­e Beteiligun­g an Werbeaktio­nen. Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) nahm das zum Anlass, einen Katalog für unternehme­risches Wohlverhal­ten zu erstellen. Den betrachtet BWB-Chef Theodor Thanner als Servicelei­stung für Unternehme­n, diesen solle es „einfach gemacht werden, Recht einzuhalte­n“. Es gehe um Fairness im Wettbewerb und die Prävention von Verstößen, es handle sich aber um Empfehlung­en, Gerichte und Behörden seien daran nicht gebunden. Es gehe der BWB darum, transparen­t zu machen, was sie unter fairem Wettbewerb verstehe. Laut Thanner richtet sich der Leitfaden nicht an eine Branche, sondern die gesamte Wirtschaft. Man wolle „Benachteil­igungen von marktschwa­chen Vertragspa­rtnern und damit Wettbewerb­sverzerrun­gen verhindern“. Der BWB-Chef sieht im Leitfaden eine Grundlage für die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht, die voraussich­tlich 2019 erfolgen wird. Für Köstinger ist der Leitfaden ein Zeichen, dass „Österreich im Kampf gegen unfaire Geschäftsp­raktiken Vorreiter sein will“. Helfen soll auch die seit Februar 2018 bestehende Möglichkei­t, über ein Whistleblo­wer-System Missstände auch anonym anzeigen zu können.

Die Landwirtsc­haftskamme­r äußerte sich positiv zum Leitfaden der BWB, ebenso der Handelsver­band. Dessen Geschäftsf­ührer Rainer Will wies jedoch darauf hin, dass es wirtschaft­liches Ungleichge­wicht nicht nur zugunsten des Abnehmers, sondern je nach Branche auch zugunsten von Lieferante­n gebe.

„Wir wollen Bewusstsei­n schaffen.“Elisabeth Köstinger, Agrarminis­terin

„Zerschlagu­ng ist nicht der richtige Weg.“Theodor Thanner, Generaldir­ektor BWB

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