Studie: Fossilfreier Güterverkehr bis zum Jahr 2050 wäre möglich
Die vor Kurzem präsentierte „Pathways Studie“verdeutlicht, dass ein fossilfreier Güterverkehr bis 2050 möglich ist und im Rahmen des Pariser Klimaabkommens umgesetzt werden kann.
SALZBURG. Beginnen wir die Aufarbeitung dieses brisanten Themas mit Binsenweisheiten: Fakt 1: Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Klimaerwärmung und dem weltweiten CO2-Ausstoß. Fakt 2: Der Verkehr ist maßgeblich daran beteiligt, dass viel zu viel Kohlendioxid und andere Schadstoffe unsere Atmosphäre verpesten. Fakt 3: Der weltweite Güterverkehr per Lkw – eine ungebremste Wachstumsbranche, die trotz der von Donald Trump provozierten Disruptionen bei den globalen Handelsströmen zulegen wird – hat daran maßgeblichen Anteil.
Fakt 4: Studien wie jene, über die wir hier ausführlich berichten, belegen, dass in den nächsten 30 Jahren ein Umstieg von fossilen auf nachhaltige Energieträger durchaus möglich sei. Hier die Details:
Scania, einer der weltweit führenden Anbieter von nachhaltigen Transportlösungen, hat mit seiner „Pathways Studie“eine umfangreiche Analyse veröffentlicht, die verschiedene Ansätze zur stufenweisen Reduzierung der Kohlenstoffemissionen betrachtet. Die Untersuchung zeigt, wie die Entwicklung zu einem fossilfreien Güterverkehr bis zum Jahr 2050 aussehen könnte. Gleichzeitig wurde die Durchführbarkeit von entsprechenden Prozessen ermittelt. Die Studie bezieht sich auf die drei Transportbereiche Fernverkehr, Verteilerverkehr und den städtischen Busverkehr in den Ländern Deutschland, Schweden, China und USA. Viele Aussagen der Studie lassen sich somit auch auf die Alpenrepublik übertragen.
Wandel „in beispielloser Geschwindigkeit“wäre nötig
„Es ist durchaus möglich, in unserer Branche völlige CO2-Freiheit im Transportwesen zu erreichen, und zwar innerhalb des im Pariser Abkommen festgelegten Zeitrahmens. Allerdings erfordert dies sowohl einen Wandel in einer beispiellosen Geschwindigkeit als auch einen aufrichtigen und gemeinschaftlichen Einsatz des privaten und öffentlichen Sektors“, betont Henrik Henriksson, President und CEO von Scania.
Es könne lange dauern, bis neue Technologien, im Einklang mit dem allmählichen Wandel des vorhandenen Fahrzeugbestands, großflächig zur Anwendung kämen. „Um bis 2050 gänzliche CO2-Freiheit im Transportwesen zu erlangen, müssen die notwendigen Veränderungen daher schon bis 2025 in vollem Gange sein. Das schließt nicht nur neue Technologien ein, sondern auch die Infrastruktur. Außerdem müssen im Bereich der neuen fossilfreien Antriebsstrang-Technologien eine durchschnittliche globale Wachstumsrate von mindestens fünf bis zehn Prozentpunkten und eine vollständige Marktdurchdringung bis 2040 erreicht werden“, so Henriksson. „Um dies zu ermöglichen, müssen die Transportindustrie und angrenzende Branchen einen schnellen und unmittelbaren Wandel einleiten.“
Die Ergebnisse der „Pathways Studie“im Detail
Hier die wichtigsten Schlussfolgerungen der „Pathways Studie: Fossilfreier Güterverkehr bis 2050“:
• Intelligentere Logistik:
Durch die Optimierung der Systeme, z. B. die Verbesserung der Streckenführung und der Logistik der Ladungen, könnten die Kohlenstoffemissionen um mehr als 20 Prozent reduziert werden.
• Elektrifizierung:
In Ländern, in denen die Infrastruktur das Potenzial für universelle Ladestationen und fossilfreie Energie birgt (Anmerkung: also durchaus auch in Österreich), böte laut Studie „der Zuwachs an batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen den effizientesten, schnellsten und kostengünstigsten Weg in diese Richtung“. Elektrische Autobahnen für Langstreckentransporte könnten die Elektrifizierung beschleunigen.
• Biokraftstoff:
Durch die Nutzung der klassischen Verbrennungsmotortechnologie würden Biokraftstoffe anfänglich einen effektiven und realistischen Weg in die richtige Richtung bieten. „Sowohl die Technologie als auch die Kraftstoffe stehen unmittelbar zur Verfügung“, heißt es da.
• Brennstoffzellen:
Da Fahrzeuge mit Brennstoffzellen teurer sind, werde ein wesentlicher Zuwachs in diesem Bereich wohl erst später erfolgen als bei batterieelektrischen Fahrzeugen. „Wenn die Kosten für diese Technologie sinken und erneuerbarer Wasserstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, könnte die Brennstoffzellentechnologie bis 2050 einen wesentlichen Anteil eines jeden Fuhrparks ausmachen“, so die groß angelegte Untersuchung.
„Unabhängig davon, welcher Ansatz sich durchsetzen wird oder ob sich eine Mischung aus mehreren, nebeneinander bestehenden Antriebsstrang-Technologien und Infrastrukturen ergeben könnte, erfordert diese Entwicklung nicht nur einen technischen Wandel mit beispielloser Geschwindigkeit, sondern auch die Dekarbonisierung der angrenzenden Industrien“, so einer der Kernsätze des viel beachteten Papiers.
Für groß angelegte Entwicklungen der Technologie und der dazugehörigen Infrastruktur müssten ab sofort Finanzierungsmaßnahmen ins Leben gerufen und verbindliche Zusagen getroffen werden. Parallel dazu müsse das globale Energiesystem die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen allmählich hinter sich lassen. Genauso entscheidend sei auch, „dass die Käufer von Transportdienstleistungen die Nachfrage nach fossilfreien Transport- und Lieferdiensten weiter in die Höhe treiben“, ist zu lesen.
Das Bestreben der Lkw-Hersteller, den Bereich Nachhaltigkeit voranzutreiben, zeigt nun erste Ergebnisse. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der „Pathways Studie“wurde erst kürzlich ein Zusammenschluss aus mehreren Unternehmen (Scania, H&M, E.ON und Siemens) ins Leben gerufen, der die Geschwindigkeit der Veränderungen mit sofortiger Wirkung vorantreiben und dem Wandel ehrgeizig die Richtung weisen will.
Grundvoraussetzung: zumutbare Betriebskosten
„Wir entwickeln alle alternativen Technologien unter Berücksichtigung ihrer Marktfähigkeit“, so Christian Levin, Head of Sales and Marketing bei Scania. „Es wäre sinnlos, Produkte auf den Markt zu bringen, die an der Geschäftswirklichkeit unserer Kunden vorbeigehen. Die Grundvoraussetzung besteht in zumutbaren Gesamtbetriebskosten der Technologie in der nahen Zukunft.“