Der Denkzettel
Ein „Bayern-Effekt“in Südtirol? Bei der Landtagswahl muss die seit Jahrzehnten regierende Partei SVP Verluste einstecken.
„Mit Freude“hat der wohl bekannteste lebende Südtiroler, Extrembergsteigerlegende Reinhold Messner, das Landtagswahlergebnis aufgenommen. Die Südtiroler Volkspartei habe als Zentrumspartei trotz Verlusten „gut abgeschnitten“, sagte Messner am Montag. Zudem freute er sich darüber, dass „die beiden rechtspopulistischen Parteien“, Freiheitliche und Süd-Tiroler Freiheit, schlecht abschnitten.
Den beiden sei „endlich das Maul gestopft worden“, stellte die Bergsteigerlegende fest – zufrieden mit den beträchtlichen Verlusten der beiden Oppositionsparteien. Er könne deren „völkisches Geschwätz“nicht mehr hören, erklärte Messner gewohnt wortgewaltig. Besonders vom Abschneiden der Süd-Tiroler Freiheit zeigte sich Messner „angetan“.
Der 74-Jährige hatte bereits im Wahlkampf keinen Hehl aus seiner Sympathie für die SVP und ihren Spitzenkandidaten Arno Kompatscher gemacht. Und auch nach der Wahl gab es Lob für den Landeschef.
Dennoch: Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hat bei der Landtagswahl am Sonntag erneut Verluste erlitten. Die seit 1948 regierende Partei erreichte laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nur noch 41,9 Prozent der Stimmen, was ein Minus von 3,8 Prozentpunkten gegenüber 2013 bedeutet. Für die SVP war es nach dem Verlust der absoluten Mehrheit 2008 und der Mandatsmehrheit vor fünf Jahren bereits die dritte Niederlage in Folge. Einen außerordentlichen Erfolg hat das erst im Sommer gebildete Team Köllensperger erzielt, das auf Anhieb zweitstärkste politische Kraft (15,2%) geworden ist. Der 48-jährige Paul Köllensperger, Unternehmer im Bereich von Informationstechnologie und erneuerbaren Energien und bisher schon im Landtag, war erst im Juli aus der Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle) ausgetreten. Jetzt sucht er für sein Team nach einem Parteinamen, der auf Deutsch und Italienisch gleichermaßen gut klingt.
Auch die rechte Lega von Italiens Innenminister Matteo Salvini hat dazugewonnen. „Unglaublich“, so jubelte Salvini, der sich im Wahlkampf stark engagiert hatte, über die 11,1% und die vier Sitze der Lega in Südtirol. Salvini führt die positiven Resultate seiner Partei bei der Landtagswahl auf die Leistungen der italienischen Regierung zurück. „Das sind die ersten Wahlen seit unserem Amtsantritt. Das Wahlergebnis bezeugt, dass die Leute mit der Arbeit der Lega in diesen vier Monaten zufrieden sind“, sagte Salvini. Die deutschsprachigen rechten Freiheitlichen sind dezimiert worden, während die nach Unabhängigkeit strebende Süd-Tiroler Freiheit relativ geringe Verluste einstecken musste.
In puncto Koalitionen wollten sich weder Landeshauptmann Kompatscher noch SVP-Chef Philipp Achammer festlegen. Man werde nun in „Orientierungsgespräche“mit anderen Parteien treten und dann die Parteigremien entscheiden lassen, mit wem es konkrete Verhandlungen geben solle. Die SVP-Spitze machte aber erneut klar, dass man mit jener Partei auf italienischer Seite kooperieren werde, die den größten Vertretungsanspruch für die Sprachgruppe geltend machen könne.
Als am wahrscheinlichsten gilt, dass die SVP mit der Lega eine Koalition eingeht. Rein rechnerisch ginge sich auch eine Koalition mit Grünen und dem bisherigen italienischen Koalitionspartner Partito Democratico (PD) aus. Die sozialdemokratische Partei musste jedoch ebenfalls ein kräftiges Minus hinnehmen: Waren es vor fünf Jahren noch 6,7 Prozent und zwei Mandate, so kommt die Gruppierung nun nur noch auf 3,8 Prozent der Stimmen und ein Mandat.
„Genug vom völkischen Geschwätz.“Reinhold Messner, Extrembergsteiger