Es ist ein Kampf um die Macht im Land
Geredet wird von Einsparungen und Effektivität. Aber eigentlich ist das nur ein Nebenaspekt der Krankenkassenreform.
Bonzen, denen endlich ihre Privilegien genommen werden. Menschen außerhalb von Städten, die medizinisch nicht mehr versorgt werden. Eine träge Bürokratie, die zurechtgestutzt werden muss, damit Hunderte Millionen Euro gespart werden können. Wer die Debatte um die Reform der Krankenkassen verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, dass nicht vom österreichischen Sozialversicherungssystem, einem der besten der Welt, und seiner Zukunft die Rede ist, sondern von der Gesundheitsversorgung in einer korrupten Bananenrepublik.
Dabei wäre etwas weniger Emotion bei diesem Thema angebracht. Denn vieles, was die an diesem Streit Beteiligten sagen, wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Etwa die Ankündigung der Regierung, dass alle Versicherten dieselben Leistungen bekommen sollen. Auch nach der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen wird dies nicht der Fall sein. Die Leistungen in der Beamten- und in der Gewerblichen Sozialversicherung werden weiterhin besser sein als die Leistungen für die Versicherten der neuen Österreichischen Gesundheitskasse. Von den Krankenfürsorgeanstalten einiger Städte und Länder ganz zu schweigen.
Dies ist also ebenso Humbug wie die Angst davor, dass nach der Reform in den Regionen kein Arzt mehr ordinieren wird. Allein weil die Gesundheitsversorgung eine zentrale Infrastruktur ist, die funktionieren muss, damit die Landflucht gestoppt werden kann, werden die Politiker alles unternehmen, dass diese funktioniert. Abgesehen davon ist es wohl selbstverständlich, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in diesem Land denselben Anspruch auf eine funktionierende medizinische Versorgung hat, und das halbwegs in der Nähe des Wohnorts. Und da sind die Kosten zweitrangig.
Was sich bei dieser Kassenreform wirklich abspielt, ist ein politischer Machtkampf: Die Regierung aus ÖVP und FPÖ hat sich vorgenommen, die SPÖ, die Gewerkschaften, eigentlich die gesamte Sozialpartnerschaft, aus allen wichtigen politischen und gesellschaftlichen Institutionen hinauszudrängen. Bei den Gebietskrankenkassen etwa verliert die Arbeitnehmervertretung nach der Reform ihre Mehrheit in den Gremien. Das werden sich diese auf keinen Fall gefallen lassen und sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren.
Wie die Auseinandersetzung ausgeht, ist noch nicht fix. Dass Österreich unruhigen Zeiten entgegensieht, schon.