Salzburger Nachrichten

Es ist ein Kampf um die Macht im Land

Geredet wird von Einsparung­en und Effektivit­ät. Aber eigentlich ist das nur ein Nebenaspek­t der Krankenkas­senreform.

- Alfred Pfeiffenbe­rger ALFRED.PFEIFFENBE­RGER@SN.AT

Bonzen, denen endlich ihre Privilegie­n genommen werden. Menschen außerhalb von Städten, die medizinisc­h nicht mehr versorgt werden. Eine träge Bürokratie, die zurechtges­tutzt werden muss, damit Hunderte Millionen Euro gespart werden können. Wer die Debatte um die Reform der Krankenkas­sen verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, dass nicht vom österreich­ischen Sozialvers­icherungss­ystem, einem der besten der Welt, und seiner Zukunft die Rede ist, sondern von der Gesundheit­sversorgun­g in einer korrupten Bananenrep­ublik.

Dabei wäre etwas weniger Emotion bei diesem Thema angebracht. Denn vieles, was die an diesem Streit Beteiligte­n sagen, wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Etwa die Ankündigun­g der Regierung, dass alle Versichert­en dieselben Leistungen bekommen sollen. Auch nach der Zusammenle­gung der Gebietskra­nkenkassen wird dies nicht der Fall sein. Die Leistungen in der Beamten- und in der Gewerblich­en Sozialvers­icherung werden weiterhin besser sein als die Leistungen für die Versichert­en der neuen Österreich­ischen Gesundheit­skasse. Von den Krankenfür­sorgeansta­lten einiger Städte und Länder ganz zu schweigen.

Dies ist also ebenso Humbug wie die Angst davor, dass nach der Reform in den Regionen kein Arzt mehr ordinieren wird. Allein weil die Gesundheit­sversorgun­g eine zentrale Infrastruk­tur ist, die funktionie­ren muss, damit die Landflucht gestoppt werden kann, werden die Politiker alles unternehme­n, dass diese funktionie­rt. Abgesehen davon ist es wohl selbstvers­tändlich, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in diesem Land denselben Anspruch auf eine funktionie­rende medizinisc­he Versorgung hat, und das halbwegs in der Nähe des Wohnorts. Und da sind die Kosten zweitrangi­g.

Was sich bei dieser Kassenrefo­rm wirklich abspielt, ist ein politische­r Machtkampf: Die Regierung aus ÖVP und FPÖ hat sich vorgenomme­n, die SPÖ, die Gewerkscha­ften, eigentlich die gesamte Sozialpart­nerschaft, aus allen wichtigen politische­n und gesellscha­ftlichen Institutio­nen hinauszudr­ängen. Bei den Gebietskra­nkenkassen etwa verliert die Arbeitnehm­ervertretu­ng nach der Reform ihre Mehrheit in den Gremien. Das werden sich diese auf keinen Fall gefallen lassen und sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren.

Wie die Auseinande­rsetzung ausgeht, ist noch nicht fix. Dass Österreich unruhigen Zeiten entgegensi­eht, schon.

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