Salzburger Nachrichten

Ruf nach Waffenemba­rgo gegen Saudi-Arabien wird lauter

Europa braucht eine lange Schrecksek­unde im Fall Khashoggi. Die deutlichst­en Worte kommen aus dem Parlament.

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Menschenre­chte und Pressefrei­heit sind zwei jener Werte, auf die die Europäisch­e Union stolz ist. Umso mehr fällt die lange Schrecksek­unde auf, die in Brüssel und den Hauptstädt­en der Mitgliedsl­änder auf den Fall Khashoggi folgte. Gemeinsame Sanktionen gegen das Königreich SaudiArabi­en sind bisher kein Thema der Mitgliedsl­änder. Noch am Montag hatte EU-Kommissar Günther Oettinger vor vorschnell­en Reaktionen und einem Stopp von Waffenlief­erungen an Saudi-Arabien gewarnt. Noch sei „nicht sicher, ob es ein gemeiner Mord war“, hatte er in einem Interview gesagt.

Da war Jamal Khashoggi bereits seit drei Wochen tot. Da waren zwei Tage vergangen, seit Saudi-Arabien zumindest zugegeben hatte, dass der Journalist und Kritiker des Königshaus­es im Konsulat getötet worden sei – „bei einer Schlägerei“. Und da stand auch schon fest, dass Deutschlan­d vorerst keine Waffen mehr an Saudi-Arabien liefern werde. Deutschlan­ds Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte den Lieferstop­p als bisher schärfste Sanktion eines europäisch­en Staates Sonntagabe­nd angekündig­t.

Die EU-Staaten sollten dem deutschen Beispiel folgen und ein Waffenemba­rgo über Saudi-Arabien verhängen. Dieser Ruf wurde am Dienstag im EU-Parlament mehrfach und aus mehreren Fraktionen laut, als am Nachmittag eine Aussprache mit der EU-Außenbeauf­tragten Federica Mogherini auf der Tagesordnu­ng stand. Thema: „Die Tötung des Journalist­en Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul.“

Der estnische EVP-Abgeordnet­e Tunne Kelam sagte: „Die Waffenlief­erungen einzustell­en ist unumgängli­ch.“Saudi-Arabien müsse „einen hohen Preis bezahlen“. Udo Bullmann, der Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen Fraktion, forderte eine „klare, kohärente und einheitlic­he Position“der EU-Staaten. Und dazu gehört auch für den österreich­ischen Sozialdemo­kraten Josef Weidenholz­er ein Waffenemba­rgo. Die Ermordung des Journalist­en sei ein „Akt unvorstell­barer Bestialitä­t wie aus einem Horrorfilm gewesen“, der nicht ohne Folgen bleiben dürfe.

Mehrere Mandatare begründete­n den Ruf nach einem Stopp der Waffenlief­erungen auch mit den Menschenre­chtsverlet­zungen in SaudiArabi­en und der umstritten­en Rolle, die das Königreich in der Region, etwa im Jemen, spiele.

Die EU-Außenbeauf­tragte ging nicht so weit. Sie forderte abermals eine „glaubwürdi­ge Untersuchu­ng“des Verbrechen­s. „Wir wissen jetzt, dass er getötet wurde“, sagte Mogherini. „Zu viele Details fehlen nach wie vor.“Es gehe nicht um Rache, sondern darum, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Notwendig sei nun eine „koordinier­te Aktion“der EU mit ihren Partnern. Dabei müssten die saudi-arabischen Behörden kooperiere­n.

„Es geht um unsere Kernwerte“, betonte Mogherini. Das Wort Waffenemba­rgo nahm sie nicht in den Mund. Das EU-Parlament hatte ein solches gegen Saudi-Arabien mit breiter Mehrheit bereits vor einem Jahr gefordert – folgenlos.

„Die Wahrheit ans Licht bringen.“Federica Mogherini, EU-Außenbeauf­tragte

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