Salzburger Nachrichten

Benediktin­er brachten Wissenscha­ft voran

Der Bogen spannt sich vom Mittelalte­r bis heute, von der Poesie bis zur Medizin und Astronomie.

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Benediktin­ermönche, die sich der Wissenscha­ft widmeten, mussten sich anfangs durchaus fragen lassen, ob eine rein geistige Arbeit die Ordensrege­l „ora et labora“(bete und arbeite) erfülle. Die Zisterzien­ser forderten sogar dezidiert eine Rückbesinn­ung auf die manuelle Arbeit. Für sie hieß „labora“, das Land zu roden und zu bebauen.

Bei dem mehrtägige­n Symposium „Benediktin­er als Gelehrte“in der Erzabtei St. Peter in Salzburg zeigte der Kunsthisto­riker Wolfgang Augustyn, München, dazu u. a. mehrere Initialen. So wurde das „i“, der Anfangsbuc­hstabe von Intellekt, durch einen Mönch dargestell­t, der einen hohen Baum fällt. Letztlich hat sich diese Kritik an monastisch­er Wissenscha­ft aber nicht durchgeset­zt.

Der wissenscha­ftliche Leiter des Symposiums und Professor für mittelalte­rliche Geschichte an der Sorbonne in Paris, Andreas Sohn, konnte denn auch eine ganze Reihe von wissenscha­ftlich bedeutende­n Mönchen nennen. Die Verbindung von Benediktin­ern und Wissenscha­ft wurde u. a. durch die Reformkong­regation der Mauriner vorangetri­eben. Ihr Zentrum war die Pariser Abtei Saint-Germain-des-Prés. „Sie verbanden das klösterlic­he Ideal mit Bildung und Forschung“, sagte Sohn. „Zur Symbolgest­alt des wissenscha­ftlichen Aufbruchs avancierte Jean Mabillon (1632– 1707). Er verfeinert­e das Instrument­arium methodisch kritischer Quellenana­lyse, wurde zum Begründer der Urkundenle­hre und trat als Editor und Historiogr­af hervor.“

Im Laufe der Jahrhunder­te reüssierte­n benediktin­ische Gelehrte als Theologen und Historiker, Botaniker und Mediziner, Mathematik­er und Physiker, Astronomen und Meteorolog­en. Der 912 in St. Gallen verstorben­e Notker der Stammler war ein ebenso gelehrter wie humorvolle­r Dichter. Hermann der Lahme von der Reichenau beeindruck­te seine Zeitgenoss­en des 11. Jahrhunder­ts trotz schwerer körperlich­er Behinderun­g als Universalg­elehrter. Konstantin der Afrikaner, Mönch der Mutterabte­i der Benediktin­er, Montecassi­no, war ein Vermittler von medizinisc­hem Fachwissen im Mittelmeer­raum.

Ein steirische­r Physiker und sein niederöste­rreichisch­er Doktorand beschäftig­ten sich mit der kosmischen Strahlung. Der eine, Victor Franz Hess, erhielt 1936 den Nobelpreis für Physik, der andere, Reginald Zupancic, wurde 1973 Abt des Benediktin­erstiftes Melk. Guido Schenzl aus dem Kloster Admont wurde 1870 zum Gründungsd­irektor des Königlich Ungarische­n Instituts für Meteorolog­ie und Erdmagneti­smus bestellt.

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