Der neue Weltcup-Winter wird wieder ein Solo für zwei
Vor dem Saisonauftakt an diesem Wochenende in Sölden rätseln selbst Insider und Trainer: Wer soll Marcel Hirscher und Mikaela Shiffrin eigentlich herausfordern?
Dass der Zuspruch für die Konkurrenz just von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel persönlich kommt, damit war nicht zu rechnen. Für den heimischen Ski-Boss ist es keineswegs klar, dass der nächste Weltcupsieger – zum achten Mal en suite – Marcel Hirscher heißt. „Er ist jetzt Vater, er soll sich auf ausgewählte Rennen konzentrieren und nicht auf den Gesamtweltcup. Er braucht niemandem mehr etwas zu beweisen.“Weil Schröcksnadel selten etwas ohne Kalkül sagt, steckt wohl die Hoffnung dahinter, dass Hirscher angesichts eines abgespeckten Programms vielleicht sogar bis 2020 weiterfahren und so das Riesenloch, das hinter ihm im Herrenteam klafft, noch eine Saison länger verdecken könnte.
Zieht der Salzburger Seriensieger aber wie seine amerikanische Atomic-Markenkollegin Mikaela Shiffrin das Programm wie gewohnt durch, dann wird der an diesem Wochenende auf dem Rettenbachferner oberhalb von Sölden beginnende Ski-Weltcup wieder ein Solo für zwei werden. „Hirscher kann sich wohl nur selbst schlagen oder wenn er sich verletzt“, sagt Aksel Lund Svindal, der eine Fortsetzung seiner Karriere wegen Knieproblemen offen lässt und Sonntag fehlt. Zu sehr habe Hirscher, der Freitag von den internationalen SkiJournalisten zum vierten Mal mit der Trophäe „Skieur d’Or“ausgezeichnet wurde, in den letzten Jahren die Konkurrenz geradezu demoralisiert.
Jahrelang galt etwa der Franzose Alexis Pinturault als der große Herausforderer. Was ist aus seinen Weltcup-Plänen geworden? „Der Weltcup ist nach wie vor ein Traum von mir, aber ich werde jetzt nicht sagen, dass das mein Saisonziel ist.“Bleibt wohl nur noch Henrik Kristoffersen übrig, der sich aber einmal mehr enormen Druck auferlegt. Zum einen mit Meldungen über seine großartigen Trainingsleistungen, zum anderen mit einem ausufernden Dauerstreit mit dem norwegischen Verband um Sponsorrechte, der nun sogar gerichtsanhängig ist. Auf Kristoffersen angesprochen wird sogar sein Cheftrainer Christian Mitter verlegen. „Tja, er ist immer ein Thema“, sagt er vielsagend.
Seit Mikaela Shiffrin bei den Damen nicht nur Riesentorlauf, Slalom und Kombi nach Belieben dominiert, sondern im Vorjahr sogar ihre erste Abfahrt gewonnen hat, tun sich selbst die Insider auf der Suche nach einer Konkurrentin richtig schwer. „Um ehrlich zu sein: Ich sehe auf Jahre hinaus keine Läuferin, die Shiffrin ernsthaft gefährden kann“, sagt ORF-Expertin Alexandra Meissnitzer. ÖSV-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum hat eine gefunden. „Wenn alles optimal läuft, kann der Weltcup ein Thema für Wendy Holdener werden.“Zwar kehrte die Schweizerin mit Gold (Mannschaft), Silber (Slalom) und Bronze (Kombination) von Olympia zurück, aber der Weg zum Gesamtweltcup ist mit Siegen im Riesentorlauf, Slalom oder Super G gepflastert – da hat Holdener noch keinen einzigen stehen. Dazu konzentrieren sich Topläuferinnen wie Lindsey Vonn oder Tina Weirather nur noch auf die Speedbewerbe. Der Weltcup – eine Sache für zwei.