Salzburger Nachrichten

Ganzheitli­ches Konzept

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Zum Leitartike­l „Wer Europa schützen will, muss Afrika retten“(SN, 20. 10.) habe ich folgende Anmerkunge­n: Auch ich habe Asfa-Wossen Asserates Werk zur Völkerwand­erung gelesen und stimme mit ihm weitgehend darin überein, dass es weniger um die Überweisun­g von Geldern geht, die dann in dubiosen Kanälen versickern, als vielmehr um eine langfristi­ge Änderung der politische­n und wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen, wenn das Ziel ist, Migrations­ursachen an der Wurzel zu packen. Die Länder Afrikas benötigen jede Unterstütz­ung bei der Entwicklun­g von Good Governance und jeden Willen zur Änderung von unfairen Handelspra­ktiken seitens der EU.

Kleptokrat­ische Regime dürfen nicht aus Geschäftsg­ründen hofiert werden. Und wenn Hochseefan­gflotten aus Europa vor der Küste Westafrika­s das Meer leer fischen, braucht man sich in Europa nicht zu wundern, dass arbeitslos­e Fischer vor der Tür stehen und um Einlass fragen. Von solch unfairen Handelspra­ktiken gibt es viele Beispiele. Dennoch ist auch der Blick auf die finanziell­en Mittel zu richten. Schreiben Sie uns! Als ich mich 1997 im Zuge eines Universitä­tsprojekts in Äthiopien aufhielt, betrugen die Zahlungen Österreich­s für Entwicklun­gszusammen­arbeit rund 0,3% des Bruttonati­onaleinkom­mens, obwohl sich Österreich schon damals verpflicht­et hatte, diesen Beitrag auf 0,7% zu erhöhen. Heute stehen wir bei 0,27%.

Als Sebastian Kurz im Wahlkampf das Thema Migration auf seine Fahnen heftete, ging ich davon aus, dass er außer dem Schließen der Grenzen auch über ein ganzheitli­ches Konzept im Sinne jener Maßnahmen, die auch Herr Asserate fordert, verfügen würde. Mittlerwei­le bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dieses Konzept nicht vorliegt. Es würde nämlich erfordern, Politik im Sinne des Weber’schen „Bohrens dicker Bretter mit Geduld und Augenmaß“– vor allem auf EUEbene – zu betreiben, und weniger eine Sprechblas­enpolitik à la Sebastian Kurz. Wobei ich hierbei bewusst die Kanzlerpar­tei in die Pflicht nehme, von den Vertretern der kleineren Regierungs­partei ist die Einsicht in komplexe Zusammenhä­nge bis auf wenige Ausnahmen leider nicht zu erwarten. DI Reinhard Fischer

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