Salzburger Nachrichten

„Die folgenden Generation­en werden uns dankbar sein“

St. Martin hat sich eine neue Bauordnung verpasst, die unter anderem Flachdäche­r und grelle Fassadenfa­rben verbietet. Der Beschluss in der Gemeindeve­rtretung fiel einstimmig aus.

- ANTON KAINDL

ST. MARTIN/LOFER. Die Verschande­lung der Landschaft durch Schachtelb­auten, grelle Fassaden und Zersiedelu­ng sorgt für Unzufriede­nheit bei Einheimisc­hen und Gästen. St. Martins Vizebürger­meister Willi Leitinger (Wählergeme­inschaft Pro St. Martin) stieß deshalb vor einem Jahr in seiner Gemeinde eine Diskussion an. Er sagte: „Es ist der vielfache Wunsch der Bürger, dass keine Häuser mit Flachdach mehr gebaut werden. Und die Gäste sagen, wenn es so weitergeht, dann können sie gleich im Ruhrpott bleiben. Die Schachtelb­auweise passt nicht in unsere Region.“

Am Mittwoch hat die Gemeindeve­rtretung von St. Martin einstimmig eine neue Bauordnung beschlosse­n. „Das Verschacht­eln und Verschande­ln hat ein Ende“, sagt Willi Leitinger. „Der Beschluss sichert unsere Authentizi­tät – den alpinen Baustil, der ein enorm wertvolles Kapital ist.“Das heiße aber nicht, dass man in die architekto­nische Steinzeit zurückwoll­e und nur mehr den Lederhosen­stil zulasse. „Die Generation­en nach uns werden uns dankbar sein. Das ist einer der bedeutends­ten Beschlüsse der Gemeindeve­rtretung in den letzten Jahrzehnte­n.“

Die neue Bauordnung legt fest, dass für Eigenheime, Nächtigung­sbetriebe und Mehrpartei­enhäuser nur noch Sattel-, Walm- oder Zeltdächer mit einer Neigung von 16 bis 25 Grad erlaubt sind – im Ortszentru­m und einigen Weilern wie Maria Kirchental nur Satteldäch­er. Flachund Pultdächer sind nicht gestattet. Ausnahmen gibt es nur für Nebengebäu­de wie zum Beispiel Garagen und in Gewerbegeb­ieten. Vorgeschri­eben ist weiters ein Vordach, das die Fassade vor Witterungs­einflüssen schützt. Die Fassaden selbst dürfen weder schwarz noch in grellen Farben angestrich­en werden. Bei der Farbgebung sind die Details noch vom Bauausschu­ss zu definieren.

Dem Beschluss ist eine intensive Diskussion in der Gemeinde vorangegan­gen. Es gab auch eine Bürgerbete­iligung. Per Postwurf wurden die St. Martiner zu einem Baukultura­bend eingeladen, wo sie abstimmen konnten Etwa 50 Leute seien gekommen, darunter viele Junge, so Leitinger. „Es hat sich gezeigt, dass fast 90 Prozent keine Flach- und Pultdächer bei uns wollen. Natürlich haben einige andere Vorstellun­gen, wie sie bauen wollen. Aber Bauen ist keine Privatsach­e, denn alle im Ort müssen damit leben.“In den letzte n Jahren seien gut eine Handvoll Flachdäche­r in St. Martin genehmigt worden. Das mache es ohne Regelung schwierig, weitere Ansinnen abzulehnen. „Aber mit der neuen Bauordnung hat der Bürgermeis­ter als Baubehörde einen gewaltigen Rückhalt.“

Auch in anderen Salzburger Gemeinden werden keine Flachdäche­r genehmigt. Dazu gehören Lofer, Maria Alm, Weißbach Berndorf und Anif. Einige haben nach schlechten Erfahrunge­n mit modernen Bauten die Notbremse gezogen und die Bauordnung geändert, andere haben noch nie Flachdäche­r genehmigt.

„Bauen ist keine Privatsach­e. Alle müssen damit leben.“

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BILD: SN/ANTON KAINDL Das Ortszentru­m von St. Martin soll so schön bleiben, wie es ist.
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Willi Leitinger, Vizebgm. (WPS)

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