„Die folgenden Generationen werden uns dankbar sein“
St. Martin hat sich eine neue Bauordnung verpasst, die unter anderem Flachdächer und grelle Fassadenfarben verbietet. Der Beschluss in der Gemeindevertretung fiel einstimmig aus.
ST. MARTIN/LOFER. Die Verschandelung der Landschaft durch Schachtelbauten, grelle Fassaden und Zersiedelung sorgt für Unzufriedenheit bei Einheimischen und Gästen. St. Martins Vizebürgermeister Willi Leitinger (Wählergemeinschaft Pro St. Martin) stieß deshalb vor einem Jahr in seiner Gemeinde eine Diskussion an. Er sagte: „Es ist der vielfache Wunsch der Bürger, dass keine Häuser mit Flachdach mehr gebaut werden. Und die Gäste sagen, wenn es so weitergeht, dann können sie gleich im Ruhrpott bleiben. Die Schachtelbauweise passt nicht in unsere Region.“
Am Mittwoch hat die Gemeindevertretung von St. Martin einstimmig eine neue Bauordnung beschlossen. „Das Verschachteln und Verschandeln hat ein Ende“, sagt Willi Leitinger. „Der Beschluss sichert unsere Authentizität – den alpinen Baustil, der ein enorm wertvolles Kapital ist.“Das heiße aber nicht, dass man in die architektonische Steinzeit zurückwolle und nur mehr den Lederhosenstil zulasse. „Die Generationen nach uns werden uns dankbar sein. Das ist einer der bedeutendsten Beschlüsse der Gemeindevertretung in den letzten Jahrzehnten.“
Die neue Bauordnung legt fest, dass für Eigenheime, Nächtigungsbetriebe und Mehrparteienhäuser nur noch Sattel-, Walm- oder Zeltdächer mit einer Neigung von 16 bis 25 Grad erlaubt sind – im Ortszentrum und einigen Weilern wie Maria Kirchental nur Satteldächer. Flachund Pultdächer sind nicht gestattet. Ausnahmen gibt es nur für Nebengebäude wie zum Beispiel Garagen und in Gewerbegebieten. Vorgeschrieben ist weiters ein Vordach, das die Fassade vor Witterungseinflüssen schützt. Die Fassaden selbst dürfen weder schwarz noch in grellen Farben angestrichen werden. Bei der Farbgebung sind die Details noch vom Bauausschuss zu definieren.
Dem Beschluss ist eine intensive Diskussion in der Gemeinde vorangegangen. Es gab auch eine Bürgerbeteiligung. Per Postwurf wurden die St. Martiner zu einem Baukulturabend eingeladen, wo sie abstimmen konnten Etwa 50 Leute seien gekommen, darunter viele Junge, so Leitinger. „Es hat sich gezeigt, dass fast 90 Prozent keine Flach- und Pultdächer bei uns wollen. Natürlich haben einige andere Vorstellungen, wie sie bauen wollen. Aber Bauen ist keine Privatsache, denn alle im Ort müssen damit leben.“In den letzte n Jahren seien gut eine Handvoll Flachdächer in St. Martin genehmigt worden. Das mache es ohne Regelung schwierig, weitere Ansinnen abzulehnen. „Aber mit der neuen Bauordnung hat der Bürgermeister als Baubehörde einen gewaltigen Rückhalt.“
Auch in anderen Salzburger Gemeinden werden keine Flachdächer genehmigt. Dazu gehören Lofer, Maria Alm, Weißbach Berndorf und Anif. Einige haben nach schlechten Erfahrungen mit modernen Bauten die Notbremse gezogen und die Bauordnung geändert, andere haben noch nie Flachdächer genehmigt.
„Bauen ist keine Privatsache. Alle müssen damit leben.“