Juden in Salzburg: Tägliche Angst vor Ausgrenzung
Salzburgs jüdische Geschichte reicht ins 13. Jahrhundert zurück. 1945 war die Stadt ein Zentrum für jüdische Flüchtlinge. Aber wie viele Juden sind heute in Salzburg? Und wie leben sie?
Wenn Juden zum Gottesdienst gehen, müssen sie ihre Taschen öffnen. Ausnahmslos alle werden kontrolliert. Auch beim Besuch der SN in der Synagoge stehen Polizisten vor der Tür. Das Gotteshaus und die Gemeindemitglieder müssten geschützt werden – und so ihre Identitäten.
Ist Ausgrenzung von Juden also wieder ein Thema? Oder noch immer? Historiker Albert Lichtblau: „Antisemitismus gab es in Salzburg schon immer, das hat sich nicht geändert.“Schmierereien vor der Synagoge oder jüngst an den Gedenktafeln für die Opfer des Nationalsozialismus in Goldegg zeigten die aktuelle Brisanz. „Die Angst vor Spott und Ausgrenzung ist alltäglich“, sagt Lichtblau. Und tatsächlich: Die Gemeindemitglieder wollen sich nicht öffentlich zu ihrem Jüdischsein bekennen.
Viele Juden gibt es in Salzburg nicht. „Wie viele es genau sind, ist schwer abzuschätzen“, sagt Lichtblau. Rund 70 Mitglieder sind in der israelitischen Kultusgemeinde Salzburg gemeldet. Nur ein Bruchteil davon besucht regelmäßig die Synagoge. Die Familie Feingold ist mit einem Gespräch einverstanden, „weil sie dies schon immer tut“. Alle anderen wollen nicht mit Namen genannt werden. Da gibt es einen Arzt, der seine Patienten nicht verlieren möchte, und eine Verkäuferin, die befürchtet, dass Kunden ihr Geschäft meiden. Marko Feingold ist 105 Jahre alt, Präsident und seit Langem das Aushängeschild der jüdischen Gemeinde in Salzburg. Seit 2008 ist er auch Ehrenbürger der Stadt. An Schulen und Universitäten hält er Vorträge und führt Interessierte durch die Synagoge.
Salzburgs jüdische Geschichte reicht ins 13. Jahrhundert zurück. Eine der frühen Spuren ist bis heute sichtbar: die Judengasse vom Waagplatz bis zur Getreidegasse. Dort befand sich einst die Synagoge. Albert Lichtblau: „Die ersten Dokumente der Gasse stammen aus 1377. Wahrscheinlich lebten jedoch zuvor schon einige Juden in der Stadt.“
Im Jahr 1200 ließen sich die ersten jüdischen Händler in der Stadt nieder, daraus entwickelte sich eine kleine Gemeinde. Besonders viele Juden gab es in Salzburg aber nie. „Und die wenigen wurden immer wieder vertrieben, schon im Mittelalter“, sagt Historiker Albert Lichtblau.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 erreichte die jüdische Gemeinde in Salzburg ihren Höchststand. Denn einige der Millionen jüdischen Flüchtlinge, die Europa für immer verlassen wollten, machten damals auch in der Mozartstadt Zwischenstation. Von jenen, die in den 1920er- und 1930er-Jahren aus Salzburg vertrieben wurden, kehrte aber kaum einer zurück.
Umso schwieriger ist es heute, jüdisches Leben in Salzburg zu finden. Immerhin gibt es an der Universität seit einigen Jahren ein Zentrum für jüdische Kulturgeschichte. Die Studenten des Masterstudiums befassen sich mit jüdischer Geschichte, Kultur, Literatur und Religion.
Und in der Lasserstraße befindet sich die Synagoge. Im September reihen sich die höchsten jüdischen Feiertage aneinander: Erst Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest, dann Jom Kippur, das Versöhnungsfest und schließlich das einwöchige Sukkot, das Laubhüttenfest.
Die vielen Feiertage erschweren die Recherchen. Die wenigen, die erzählen möchten, sind verreist. Eine von ihnen ist Rosa (Name auf Wunsch der Betroffenen geändert, Anm.). Über die Festtage fahre sie zu Verwandten ins Ausland, erzählt sie. „Die jüdische Gemeinde in Salzburg ist sehr klein und es gibt keine jüdischen Veranstaltungen wie Lesungen und Konzerte.“Das sei auch ein Grund, warum viele wegzögen. Jüdisches Leben in Salzburg – „das gibt es nicht“.
Rosa gehört dem neoorthodoxen Judentum an. Sie ernährt sich nach den jüdischen Speisegesetzen, den Kaschrut, auf Fleisch verzichtet sie ganz. „Andernfalls