Grüne weiter auf Höhenflug CDU und SPD stürzen ab
Wie in Bayern vor zwei Wochen waren auch in Hessen die Grünen die großen Gewinner. Eine Fortsetzung der Koalition mit den Wahlverlierern der CDU dürfte sich nicht mehr ausgehen.
Zweite herbe Enttäuschung für die Berliner Regierungsparteien binnen zwei Wochen: Wie schon in Bayern haben Union und SPD auch bei der Landtagswahl in Hessen massive Verluste erlitten. Die CDU von Ministerpräsident Volker Bouffier blieb am Sonntag zwar stärkste Kraft, fuhr nach den Hochrechnungen aber ihr schlechtestes Ergebnis in Hessen seit mehr als 50 Jahren ein. Die SPD erzielte ihr schlechtestes Landesergebnis jemals. Große Wahlgewinner sind die Grünen. Die Rechtspopulisten zogen in den Landtag ein und sind nun in allen 16 Landesparlamenten vertreten.
Wahlen in Hessen statt in Bayern, doch dasselbe Muster: Schwere Verluste für CDU und SPD, starke Gewinne für Grüne und AfD. Laut Hochrechnungen verliert die seit 2010 regierende CDU mehr als zehn Prozentpunkte gegenüber 2013, bleibt mit gut 27 Prozent aber klar stärkste Kraft.
Obwohl sich der bisherige Koalitionspartner Grüne über massive Zugewinne freuen kann, dürfte es sich für eine Neuauflage der schwarz-grünen Koalition knapp nicht mehr ausgehen. Hochrechnungen zufolge bringen es CDU und Grüne zusammen auf nur noch 60 von 121 Sitzen – knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Allerdings steht wegen des komplizierten Wahlsystems die Gesamtzahl der Sitze im Landtag nicht von vornherein fest.
Die CDU von Ministerpräsident Volker Bouffier fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit 1966 ein, die SPD stürzte auf knapp 20 Prozent, das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die rechte AfD verdreifachte ihr Ergebnis auf gut 13 Prozent und zieht erstmals in den Landtag ein, damit ist sie erstmals in allen 16 deutschen Landtagen vertreten. Hochrechnungen von ARD und ZDF zufolge ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 35-36 von 121 Sitzen, SPD 26, Grüne 2526, AfD 17, FDP 10 und die Linke 8-9 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 68 Prozent – 2013 waren es 73,2 Prozent gewesen, damals fielen Bundes- und Landtagswahl allerdings auf einen Tag.
Trotz der Verluste ging Ministerpräsident Volker Bouffier davon aus, dass er im Amt bleiben wird. „Wir sind klar stärkste Fraktion“, sagte er in Wiesbaden. Er kündigte Gespräche mit den anderen Parteien außer Linken und AfD an. Zugleich räumte Bouffier ein: „Wir haben schmerzliche Verluste erlitten, das macht uns demütig, das nehmen wir ernst.“Der Wahlkampf sei stark überlagert worden vom Erscheinungsbild der großen Koalition in Berlin.
Das meinte auch SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel: „Wir haben nicht nur keinen Rückenwind aus Berlin erhalten, sondern wir hatten regelmäßig Sturmböen im Gesicht.“Die Grünen bekräftigten nach den starken Zugewinnen ihren Anspruch auf eine erneute Regierungsbeteiligung.
Laut ZDF hätte freilich nur ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP eine Mehrheit, laut ARD wären daneben auch Bündnisse aus CDU und SPD sowie SPD, Grünen und FDP möglich. Laut Forschungsgruppe Wahlen stehen für 69 Prozent der Befragten die Grünen in Hessen „für eine moderne, bürgerliche Politik“. „Wir sind gesprächsbereit mit allen Parteien, wie wir es vor der Wahl gesagt haben“, betonte Fraktionschef Mathias Wagner. Aber auch die FDP ziert sich nicht. Laut Parteichef Christian Lindner steht sie grundsätzlich zu Koalitionsgesprächen bereit.
Die Wahl in Hessen galt als Härtetest für den Fortbestand der Regierung von Union und SPD in Berlin. Die Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Andrea Nahles, stehen unter Druck. Beide versuchten, die Bedeutung der Hessen-Wahl herunterzuspielen. Es könne nicht jede Landtagswahl „zu einer kleinen Bundestagswahl stilisiert werden“, betonte Merkel. Und SPDChefin Andrea Nahles meinte, sie sehe die Entscheidung „nicht als Schicksalswahl“. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erwartet, dass die große Koalition im Bund bei einem schlechten Wahlergebnis in Hessen hält, wie er am Sonntag betonte.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer wiederum rechnete für den Fall eines Bruchs der „GroKo“mit raschen Neuwahlen im Bund. Die Lage der Regierungsparteiensei angespannt. Am Sonntag ging sie davon aus, dass Kanzlerin Angela Merkel bei dem CDU-Parteitag im Dezember in Hamburg erneut als Parteichefin kandidiert. Merkel und die Parteispitze würden auch angesichts der enttäuschenden Umfrageergebnisse im Bund gemeinsam „in Loyalität zu diesem Land und in Loyalität zu dieser Partei“die Weichen für die Zukunft stellen, betonte KrampKarrenbauer, die als eine mögliche Nachfolgerin gilt.
„Sind die stärkste Kraft geblieben.“