In Berlin läuten die Alarmglocken
Das Wahlergebnis in Hessen kann nur eines bedeuten: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel muss ihren Rückzug in die Wege leiten.
Die starken Verluste für CDU und SPD in Hessen zeigen in aller Klarheit, dass Berlin die Wahl stark mitbestimmt hat. Denn in Wiesbaden machten sowohl die mit den Grünen regierende CDU als auch die oppositionelle SPD eine durchaus gute Figur. Der Umgang ist respektvoll, große Probleme standen in Hessen nicht zur Lösung an. So sind keine Gründe in Sicht, warum beide Parteien derart hart abgestraft werden sollten – außer man blickt bis Berlin.
Und genau dort dürfte es nun auch zu Konsequenzen kommen, wenn vielleicht auch nicht sofort. Das gilt im Übrigen auch für die CSU, die ihr Debakel schon zwei Wochen zuvor in Bayern erlebt hat. Die Galgenfrist für den erratischen Horst Seehofer als Parteichef ist abgelaufen. Die Personaldebatte in der CSU war ja nur vertagt worden, bis nach der HessenWahl. Auch im Amt des Bundesinnenministers wird sich Seehofer nicht mehr lange halten können. Ohne Rückhalt in der CSU wird es Angela Merkel ein Leichtes sein, ihn bei der nächsten Gelegenheit vor die Tür zu setzen. Er gilt vielen auch in der CSU als hauptverantwortlich für das Debakel in Bayern. Sollte Seehofer sogar freiwillig verzichten, könnte das wieder Ruhe in die GroKo bringen und sie stabilisieren.
Das wäre auch ein Rettungsanker für SPD-Chefin Nahles, die in ihrer erst kurzen Amtszeit schon stark an Rückhalt bei den Genossen verloren hat. Allerdings kann die SPD kein Interesse daran haben, die Koalition jetzt platzen zu lassen und Neuwahlen zu riskieren. Das käme politischem Selbstmord gleich.
Zwar ist die CDU weitaus weniger selbstmörderisch veranlagt als die SPD. Doch Angela Merkel wird erkennen müssen, dass ihre Ära unabwendbar zu Ende geht. Wenn sie ihren Rückzug selbst bestimmen will, bleibt ihr mit jedem Tag weniger Zeit. Mit einer glatten Wiederwahl zur CDU-Chefin beim Parteitag im Dezember in Hamburg kann sie nicht mehr rechnen, auch wenn sich Herausforderer bisher zurückhalten. Das kann sich schnell ändern. NordrheinWestfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Gesundheitsminister Jens Spahn und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gelten als logische Kandidaten.
Die Grünen setzen ihren Siegeszug fort. An ihrer Regierungsbeteiligung in Hessen führt kein Weg vorbei, zumal eine Große Koalition angesichts des Berliner Vorbildes die höchstmögliche Abschreckungswirkung hat. Die einstmaligen Öko-Oberlehrer punkten mittlerweile mit bürgerlicher moderner Politik – auch dieser Trend hat sich am Sonntag bestätigt. AUSSEN@SN.AT