Salzburger Nachrichten

Mit Lichtbombe­n lässt sich die Frömmigkei­t rühren

Der Kremser Schmidt hat mit gefinkelte­n Effekten erst die Blicke eingefange­n und dann Botschafte­n vermittelt.

- „Der Kremser Schmidt – zum 300. Geburtstag“, Oberes Belvedere, Wien, bis 3. Februar 2019.

WIEN. Hatte da jemand eine Lichtbombe in die Höhle des frommen Mannes geworfen, bevor der Maler zum Pinsel griff? Die Helligkeit des Betenden, des Buches und des an den Tod gemahnende­n Schädels wirkt irreal. Doch damit hat Martin Johann Schmidt, besser bekannt als „Kremser Schmidt“, einen so heftigen Kontrast zum umgebenden Dunkel erzeugt, dass er die Blicke der Betrachter bannt. Die lassen sich von vagen Konturen im Dunkeln zum Hinschauen verführen, um sich dann der detailreic­hen Darstellun­g von katholisch­en Glaubensbo­tschaften hinzugeben.

Wörter wie „Lichtbombe“und „pointierte Regie“verwendet der Kunsthisto­riker Georg Lechner, wenn er über diese Bilder spricht. Er hat damit im Oberen Belvedere in Wien ein Geburtstag­sfest gestaltet: Der vor 300 Jahren geborene Barockmale­r wird hier seit Ende der Vorwoche gewürdigt.

Es ist wie eine Staffelübe­rgabe in einem Reigen von Stadt, Land, Diözese und Bund: Während „Weltberühm­t in Krems“– gestaltet von der Landesgale­rie Niederöste­rreich – im Kremser Stadtmuseu­m gestern, Sonntag, geendet hat und die Kremser-Schmidt-Schau im St. Pöltner Diözesanmu­seum am Mittwoch ihre Finissage hat, gewährt nun das Belvedere einen vielfältig­en und zugleich kompakten Überblick über das Werk aus rund 1300 Bildern.

Man muss sich über diesen Niederöste­rreicher wundern. In 82 Lebensjahr­en hat er Krems selten verlassen, aber an Kompositio­nen und Hell-Dunkel-Kontrasten zeigt sich seine Begeisteru­ng für Rembrandt. Auch seine Genre-Szenen sind von niederländ­ischen Gemälden derart heftig inspiriert, dass er Hüte und Röcke eleganter Herren gleich mitimporti­ert hat. Aber woher kannte das ein Kremser im 18. Jahrhunder­t? Martin Johann Schmidt habe Gemälde, Druckgrafi­ken und Bücher gesammelt, berichtet Georg Lechner. Seine Eigeniniti­ative ging so weit, dass er mangels eines Kremser Kupferstec­hers selbst diese Drucktechn­ik erlernte. Zudem wird er die Kunstsamml­ungen umliegende­r Klöster und in Wien die kaiserlich­e Sammlung besichtigt haben.

Mit seinen frommen Bildern hat er die damalige Staatsreli­gion befeuert. Doch „er war kein Günstling der Habsburger“, versichert Georg Lechner. Weder zu Lebzeiten noch aus dem Nachlass erwarb das Kaiserhaus ein Gemälde. Erst 1875 begann die nun im Belvedere beheimatet­e Staatsgale­rie mit Ankäufen.

Dies behinderte weder seine Produktivi­tät noch die Popularitä­t. Da, wie Georg Lechner hervorhebt, diese auf Hauptfigur­en reduzierte Gemälde ohne künstliche­s Licht gut zur Geltung kamen, beauftragt­en ihn Klöster und Kirchen weit über Niederöste­rreich hinaus – bis St. Peter in Salzburg, Bayern und Ungarn. Da er die Frömmigkei­t ebenso zu bedienen wusste wie die Mode für mythologis­che und häusliche Motive, gingen aus seiner Werkstatt so viele Bilder in Privatbesi­tz, dass noch immer kein abschließe­ndes Werkverzei­chnis vorliegt. Ausstellun­g:

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Heiliger Hieronymus, gemalt um 1765 von Martin Johann Schmidt, meist „Kremser Schmidt“genannt.

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