Salzburger Nachrichten

Welser Stadtchef „vergaß“die NS-Geschichte des Großvaters

„Heuchleris­cher Antifaschi­smus“und „Geschichts­verfälschu­ng“werden dem FPÖ-Politiker vorgeworfe­n. Er spricht von einer „Schmutzküb­elkampagne der ganz üblen Sorte“.

- Pef

Das Vorwort des Welser Bürgermeis­ters Andreas Rabl (FPÖ) für ein neues Buch über den Nationalso­zialismus „1938 – Nie wieder“des Welser Chronisten Rudolf G. Dietl sorgt für Aufregung. Der Stadtchef beschreibt darin, wie sein Großvater Max Rabl von der Gestapo „wegen kritischer Äußerungen zum NS-Regime gleich mehrfach verhaftet“worden sei. „Das ist eine mehr als lückenhaft­e Darstellun­g“, kritisiert­e Werner Retzl, Vorsitzend­er der Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa). Er wirft Rabl vor, er habe seinen Verwandten damit fälschlich­erweise als Opfer des braunen Regimes dargestell­t.

Dessen Großvater Max Rabl sei nämlich schon seit 1921 Mitglied der NSDAP gewesen, damit ein „Alter Kämpfer“, und habe nach dem „Anschluss“Österreich­s an HitlerDeut­schland die Leitung des vom NS-Regime gleichgesc­halteten Verlags der Diözese St. Pölten übertragen bekommen. Zwar sei er tatsächlic­h insgesamt drei Mal von der Gestapo festgenomm­en worden. Allerdings dürften finanziell­e Unregelmäß­igkeiten im Verlag der Grund für die vorübergeh­ende Verhaftung gewesen sein, wie das „Kleine Volksblatt“vom 7. Juli 1939 berichtet haben soll. Rabl wurde zwar freigespro­chen, aber trotzdem der Gestapo überstellt. Dass dieser dann zur Wehrmacht wechselte und bis Kriegsende den Offiziersr­ang erreicht hatte, „wäre kaum möglich gewesen, hätte das NS-Regime ernsthafte Zweifel an seiner Loyalität gehabt“, sagte Antifa-Vorsitzend­er Retzl. Er ortet daher auch „heuchleris­chen Antifaschi­smus“beim Stadtchef.

Und Retzl weiter: „Niemand ist für die Gesinnunge­n und Handlungen seiner Vorfahren verantwort­lich. Deshalb kann niemandem ein Vorwurf gemacht werden, wenn sein Großvater ein überzeugte­r Nationalso­zialist war. Sehr wohl vorzuwerfe­n ist es aber, wenn jemand versucht, einen solchen Großvater wahrheitsw­idrig als NS-Opfer oder NS-Gegner darzustell­en.“

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) spricht von einem bezeichnen­den Skandal eines FPÖPolitik­ers. „Max Rabl war ein glühender Nazi und hat 1938 vom Untergang Österreich­s profitiert, weil ihm die neuen Machthaber die Leitung des gleichgesc­halteten Diözesanve­rlags St. Pölten übertragen haben“, sagt MKÖ-Vorsitzend­er Willi Mernyi.

„Dafür kann sein Enkel natürlich nichts. Aber dass der FPÖ-Bürgermeis­ter so tut, als wäre Max Rabl wegen kurzer Gestapo-Haft ein Gegner des Terrorsyst­ems gewesen, das er in Wahrheit herbeizufü­hren geholfen hat, schlägt den Mauthausen-Überlebend­en ins Gesicht. Damit hat Andreas Rabl in verantwort­ungsloser Weise die Geschichte verfälscht und die Öffentlich­keit getäuscht.“Mernyi forderte den Welser Bürgermeis­ter sogar zum Rücktritt auf.

Andreas Rabl versteht die Aufregung nicht. „Tatsache ist, dass ich ein Vorwort über persönlich­e Betroffenh­eit im Nationalso­zialismus geschriebe­n habe. Tatsache ist auch, dass mein Großvater mehrfach in Gestapo-Haft gesessen ist“, sagte er im ORF-Interview. Rabl verlangt seinerseit­s eine „persönlich­e Entschuldi­gung“für die Anschuldig­ungen und droht mit Klagen. „Es ist eine Schmutzküb­elkampagne der ganz üblen Sorte.“Alles, was er geschriebe­n habe, sei nachvollzi­ehbar und historisch belegt.

Im „Standard“hingegen bestätigt Rabl die NSDAP-Mitgliedsc­haft seines Verwandten. „Das eine widerspric­ht dem anderen nicht.“Zum Vorwort stehe er weiterhin. „So ein Vorwort ist ja nicht dazu da, meine Familienge­schichte aufzuarbei­ten, sondern ein Erinnerung­sgeschehen darzustell­en“, wird Rabl zitiert.

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BILD: SN/APA (AFP)/JOE KLAMAR Kritik am Welser Bürgermeis­ter Andreas Rabl (FPÖ).

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