Salzburger Nachrichten

Im Würgegriff des Hungers

Dreieinhal­b Jahre nach dem Beginn des verheerend­en Krieges im Jemen haben die USA einen offenbar ernsthafte­n Versuch zu dessen Beendigung gestartet.

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In einer konzertier­ten Aktion riefen der amerikanis­che Verteidigu­ngsministe­r James Mattis und US-Außenminis­ter Mike Pompeo die Konfliktpa­rteien im Jemen zu einem Waffenstil­lstand binnen 30 Tagen auf. Anschließe­nd sollten „substanzie­lle“Friedensve­rhandlunge­n unter der Leitung des UNO-Sondergesa­ndten Martin Griffiths in einem neutralen Land, etwa in Schweden, beginnen.

Man wolle „alle Parteien“, also die Huthis sowie die von Saudi-Arabien geführte Koalition, am Verhandlun­gstisch sehen, sagte Mattis, der von den pro-iranischen Rebellen die Einstellun­g ihrer Drohnenund Raketenang­riffe auf Ziele in Saudi-Arabien und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten forderte. Im Gegenzug müsse auch die saudische Luftwaffe ihre häufig wahllosen Bombardeme­nts im Jemen unverzügli­ch stoppen.

Es ist kein Zufall, dass die Regierung von Präsident Donald Trump gerade jetzt ihren ersten Versuch zur Beendigung des Blutvergie­ßens im Jemen gestartet hat. Der Druck des US-Kongresses, noch vor den Midterm-Wahlen im Jemen aktiv zu werden, nimmt zu. Zudem bietet die weltweite Empörung über die Ermordung von Jamal Khashoggi durch staatliche saudische Killer der US-Diplomatie eine exzellente Gelegenhei­t, Druck auf den saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman auszuüben. Dieser hatte in seiner Funktion als Verteidigu­ngsministe­r im März 2015 den Krieg im Jemen begonnen. Binnen weniger Wochen, versprach „MBS“damals, würden im Rahmen der Operation „Sturm der Entschloss­enheit“die Kriegsziel­e, also die Wiedereins­etzung der von den Huthis aus Sanaa vertrieben­en jemenitisc­hen Regierung, erreicht werden.

Tatsächlic­h verursacht­e der Krieg nach UNO-Erkenntnis­sen eine der schlimmste­n humanitäre­n Katastroph­en weltweit. 28.000 Menschen wurden getötet, etwa 10.000 davon Zivilisten. Mehr als die Hälfte der 27 Millionen Einwohner sind durch den brutalen Bürgerkrie­g von Hunger bedroht. Sie können nur deshalb überleben, weil die Vereinten Nationen und internatio­nale Hilfsorgan­isationen die Menschen mit Lebensmitt­eln und Medikament­en versorgen.

Weder die Huthis noch die Regierunge­n in Riad und Abu Dhabi haben auf das Ultimatum der Amerikaner bisher reagiert. Fast jedes saudische Kampfflugz­eug, das zu Angriffsfl­ügen im Jemen aufsteigt, wird in der Luft von US-Tankflugze­ugen mit Treibstoff versorgt. Damit sind die USA zumindest indirekt an dem Bombenkrie­g beteiligt, der durch eine Einstellun­g dieser „technische­n Hilfe“jedoch sofort beendet werden könnte.

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