Das rockt leider nicht besonders
Das Freddie-Mercury-Biopic „Bohemian Rhapsody“ist vor allem eine verpasste Chance.
WIEN. Geboren wurde er 1946 in Sansibar-Stadt, im heutigen Tansania, als Sohn persischer Eltern, seine Kinderjahre verbrachte er in Indien. Gestorben ist er 45 Jahre später, einen Tag nachdem er öffentlich bestätigte, an Aids erkrankt zu sein – und bis heute gilt er als einer der hundert „besten Briten“: Freddie Mercury, Leadsänger von Queen, legendär für seine flamboyante Bühnenpräsenz, unentbehrlicher Protagonist der Popmusikgeschichte, hat nun eine Filmbiografie verpasst bekommen: „Bohemian Rhapsody“, benannt nach dem dramatischen, überlangen und beim Erscheinen 1975 verrissenen Hit, ist ein ebenfalls überlanger Film geworden, mit wechselhafter Produktionsgeschichte.
Ursprünglich sollte der britische Komiker Sacha Baron Cohen Mercury spielen, wollte sich aber auf dessen „skandalöse Jahre“konzentrieren, was Mercurys Hinterbliebene und ehemalige Bandmitglieder wiederum nicht wollten. Irgendwann wurde dann Bryan Singer verpflichtet, Regisseur unzähliger Comicverfilmungen – eine nicht uninteressante Entscheidung, war Freddie Mercury doch auch so etwas wie ein Superheld der Bühne. Als Hauptdarsteller wurde „Mr. Robot“Star Rami Malek bestimmt, im Herbst 2017 begannen die Dreharbeiten – von denen Singer aber nach zwei Monaten gefeuert wurde, weil er zu oft abwesend war. Sein Kollege Dexter Fletcher übernahm, und das Ergebnis ist genauso unentschlossen, wie es klingt: ein offenbar mit einem Mindestmaß an Engagement gerade noch gerettetes Ding, das vor allem in seiner ersten Hälfte auf oberflächlichste Weise von der Gründung der Band Queen und ihren großen Erfolgen der 1970er-Jahre erzählt, ohne eine halbe Szene an Fundamentales wie etwa einen kreativen musikalischen Prozess zu verschwenden.
Später, etwa ab der Zeit, wo Mercury Kurzhaarschnitt und Schnurrbart trägt, wird es besser, auf einmal erlangen auch die Bandmitglieder Kontur, es ergeben sich Konflikte, auch wenn die reichlich nach Schablone sind. Dabei, und das trägt den Film über alle Untiefen: diese Musik, diese üppige, schamlose Dramatik, garniert mit Ironie!
Erstaunlich wenig interessiert sich dieser Film für Mercurys Herkunft, für sein Privatleben, nur das Allermindeste wird erzählt von seiner komplizierten Sexualität, für Freddie Mercury selbst nie ein Thema, das er öffentlich besprechen wollte. Ob das nun dem Respekt vor Mercury zu verdanken ist oder nur dem Wunsch nach einem jugendfreien Film, es klafft im Ergebnis eine Leerstelle. Das aber rührt an eine Grundfrage, was Filmbiografien betrifft: Ist Authentizität überhaupt möglich? Eine echte Nacherzählung eines Lebens schafft doch nicht einmal derjenige, der es gelebt hat. Vielleicht ist dieser Sicherheitsabstand aufrichtiger, als es ein Bohren in die Intimitäten dieser Existenz hätte sein können. Film: Bohemian Rhapsody. Filmbiografie, USA 2018. Regie: Bryan Singer, Dexter Fletcher. Mit Rami Malek.